Eine Arbeitswelt im Wandel

Text: Jutta Nübel

In den letzten drei Jahren hat sich in der redaktionellen Welt vieles verändert. Transparente Teams und sozialer Zusammenhalt gelten als neue Formen von Zusammenarbeit und Führung. Hybrides Arbeiten soll zudem die Produktivität erhöhen.

Inhaltsübersicht

Lesedauer: 13:37 Minuten

Wie sieht für Führungskräfte, Change-Berater und Mitarbeitende die Arbeitsorganisation in der Technischen Kommunikation aus? Die Anforderungen, mit denen alle Personengruppen konfrontiert sind, überschreiten die Fähigkeiten eines Einzelnen. Deshalb sind die wichtigsten Merkmale in der Arbeitsorganisation das Interesse an Zusammenarbeit, die Nutzung gemeinsamer Anstrengungen und die Dynamik der Gruppenprozesse.

Hybrides Arbeiten spannt den Lösungsraum über drei Achsen: Arbeitsumgebung, Insourcing und Outsourcing. Die Arbeitsumgebung beschreibt den Ort, an dem der Arbeitende gerade tätig ist. Hinzu kommt die Vernetzung von Menschen, Prozessen und IT-Werkzeugen zwischen intern und extern arbeitenden Organisationen.

Woher kommen wir?

Bereits seit über zehn Jahren lesen und hören wir, dass wir in einer komplexen Welt leben. Die Weltwirtschaft ist vernetzt und volatil, wirtschaftliche Ungleichheit, Gesundheitsepidemien, Energieknappheit, Krieg, Terrorismus, Naturkatastrophen, Klimawandel erschüttern unsere Lebensbereiche, erzeugen Unbeständigkeit (volatility), Unsicherheit (uncertainty), Komplexität (complexity) und Mehrdeutigkeit (ambiguity). Kurz gesagt, unsere Arbeitswelt gilt als „vuca“ oder auch „VUKA“.

Frederick Taylor begründete zu Beginn des Industriezeitalters eine Organisationsmethodik, die im Zeitalter globaler Märkte in den Unternehmen immer noch weit verbreitet ist. Taylors Idee war die der konsequenten Trennung des Denkens (Management) vom Handeln in der Produktion (Arbeiterschaft). Seine Ideen zur hierarchischen und funktionalen Trennung wurden zum Standard in Industrie und Verwaltung, unterstützten starkes Wachstum und steigenden Wohlstand. Heute jedoch in dynamischen und komplexen Märkten ist direktive Führung mit Weisung und Kontrolle nicht mehr angemessen und stört den Prozess der Wertschöpfung.

Hierarchische Teilung und Top-down-Kontrolle erzeugen Misstrauen oder Angst und bringen den Arbeitenden immer wieder in eine Opferrolle. Die funktionale Trennung führt zu Silodenken und reduziert die Verantwortung auf Teilaufgaben. Kontinuierliche Prozessverbesserung, Planung, Richtlinien sowie Streben nach Standards dominieren das unternehmerische Handeln. Die Trennung zwischen Strategie, Planung und Ausführung erzeugt zusätzliche Rollen im administrativen Bereich. Die Kundenzentrierung rückt in weite Ferne.

Der Wissenschaftler Douglas McGregor untersuchte die Mitarbeiter-Performanz und entwickelte Ende der 1950er Jahre die X-Y-Theorie. Theorie X basiert auf negativen Annahmen über den typischen Arbeitnehmer. Dieser Führungsstil geht davon aus, dass der typische Arbeitnehmer wenig Ehrgeiz hat, Verantwortung vermeidet und individuell zielorientiert ist. Im Allgemeinen glauben Manager, die einem X-Menschenbild folgen, dass ihre Mitarbeiter weniger intelligent und fauler sind und ausschließlich für ein stetiges Einkommen arbeiten. Manager setzen Belohnung oder Strafe als Motivation ein.

Laut McGregor gibt es zwei gegensätzliche Umsetzungen von Theorie X: den harten und den weichen Ansatz. Der harte Ansatz hängt von strenger Überwachung, Einschüchterung und sofortiger Bestrafung ab. Führungskräfte sind immer auf der Suche nach Fehlern von Mitarbeitenden, weil sie ihrer Arbeitsqualität nicht trauen. Der sanfte Ansatz zeichnet sich durch Nachsicht und weniger strenge Regeln aus, in der Hoffnung, kooperative Mitarbeiter mit hoher Arbeitsmoral zu entwickeln.

Theorie Y basiert auf positiven Annahmen über den typischen Arbeiter. Y-Manager gehen davon aus, dass Mitarbeitende intrinsisch motiviert sind, Spaß an ihrer Arbeit haben und stetig motiviert sind, sich ohne direkte Belohnung zu verbessern. Die Mitarbeitenden wollen Verantwortung übernehmen. Allerdings muss eine Person, bevor sie ihre Aufgabe ausführt, zuerst die Zustimmung des Managers einholen. Dies stellt sicher, dass die Arbeit effizient, effektiv und im Einklang mit den Unternehmenszielen steht. X-Manager führen eher autoritär, sind stark zielorientiert und wenig mitarbeiterorientiert. Y-Manager führen eher kooperativ-partizipativ und sind mitarbeiter- und zielorientiert (abb. 01).

X-Manager setzen auf Kontrolle, Anweisung, Berichtspflicht der Mitarbeiter und Disziplinarstrafen. Demgegenüber führen Y-Manager mit Dezentralisierung von Entscheidungen, Integration von Zielen, Delegieren von Verantwortung und Gruppenentscheidungen.

Eigenschaften von Managerverhalten.
Abb. 01 Auswahl an Maßnahmen, die X-Verhalten erzeugen. Quelle Jutta Nübel

Was ist nötig?

Der Berater und Autor Nils Pfläging definiert in seinem Konzept der Organisationsphysik drei Systemstrukturen in einem Unternehmen (Abb. 02). Die formelle Struktur spiegelt sich in dem hierarchischen Organigramm wider und zeigt die Positionsmacht. Die informelle Struktur bildet das soziale Beziehungsnetz ab und wirkt kräftig. Die Strukturen entstehen aus der Interaktion zwischen Menschen. In Krisen hilft der „kleine Dienstweg“. Gerüchte werden über den „Flurfunk“ getragen und beeinflussen das Verhalten. Und die Wertschöpfungsstruktur umfasst kollektive, diverse, selbststeuernde Kompetenzteams, die im Zentrum oder in der Peripherie des Unternehmens agieren. Die Wertschöpfung fließt von innen nach außen. Die Peripherie-Teams arbeiten direkt mit dem Kunden oder dem Lieferanten zusammen. Im Zentrum agiert der obere Führungszirkel, er hat die Macht und entscheidet strategisch.

Um die ökonomischen Hürden in einer komplexen Welt überspringen zu können, brauchen wir die Transformation von einer funktionalen Arbeitsorganisation, in der Menschen nebeneinander und zum Teil in Konkurrenz zueinanderstehen, hin zu einer funktional-integrierten Organisation. In dieser Organisation sind Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeitseigenschaften vernetzt und arbeiten für- und miteinander.

Wir brauchen eine Selbstregulierung innerhalb von Teams, keine disziplinarische Kontrolle von oben. Vielmehr geht es um Kontrolle durch Transparenz und sozialen Druck. Werte, Haltungen, soziale Rollen und Prinzipien für mehr Eigenverantwortung in der Gruppe bilden den Organisationsrahmen.

Zusammenhang zwischen Informeller Struktur, Wertschöpfungsstruktur und Formeller Struktur.
Abb. 02 Drei System-Strukturen in der Organisation. Quelle Nils Pfläging

Wo stehen wir?

Auf der tekom-Jahrestagung 2022 haben Prof. Dr. Wolfgang Ziegler und Dr. Daniela Straub Zahlen und Erfahrungen vorgestellt. Die erste Welle der Digitalisierung hat bereits vor 25 Jahren eingesetzt: Übergang von papierbasierter zu digitalen Informationsprodukten, erzeugt mit Desktop-Publishing. Die zweite Welle hat ihren Ursprung in der Digitalisierung der Redaktionsprozesse, Modularisierung auf Basis von Produktdaten und semantischen Methoden. Content Delivery treibt die Welle. Eine Kundin oder ein Kunde kann über Internetseiten oder Apps die Nutzerinformationen selbst herunterladen. Im Unternehmen wird Single Source gelebt und ein digitaler Zwilling aufgebaut. Ziegler und Straub bilden beide Digitalisierungswellen in fünf Säulen ab:

  • Informationsinput – digital
  • Datamanagement und Data Governance
  • Informationsentwicklung im Component-Content-Management
  • Erweitertes Informationsmanagement und semantische Methoden
  • Digitale Prozesse im Content Chain (teilweise oder komplett automatisiert)

Die Wertigkeit der Technischen Dokumentation (TD) innerhalb eines Unternehmens hat sich verändert:

  • TD hat Kernkompetenzen
  • Strukturierte, standardisierte Inhaltserstellung
  • Semantische Netzwerkbildung und Wissensmanagement
  • TD ist kreativ und innovativ
  • TD übernimmt Beratungs- und Entwicklungsaufgaben
  • TD hat bereichsübergreifende IT-Tool-Kompetenz
  • Fachleute für Technische Dokumentation und Übersetzung unterstützen den Abbau von Silodenken im Unternehmen und fördern die Qualität im Service Business eines Unternehmens.

Was bedeutet hybrid?

Eine hybrides Arbeitsmodell verbindet Insourcing mit Outsourcing und ermöglicht im Büro, beim Kunden oder auch remote zu arbeiten. Je nach ihren Anforderungen wechseln sie zwischen verschiedenen Arbeitsumgebungen. Hybrides Arbeiten ist ein Ansatz, bei dem das Arbeitserlebnis an die Arbeitenden und deren Standort angepasst wird. So können sie an Unternehmensstandorten, beim Kunden, an anderen Orten oder unterwegs arbeiten. Außerdem kann hybride Arbeit die Inklusion, Einbindung und Gesundheit der Arbeitenden fördern.

Outsourcing ist eine Organisationsmethode, bei der ein Unternehmen eine Person oder ein anderes Unternehmen mit der Ausführung von Aufgaben, der Erstellung von Produkten oder der Bereitstellung von Dienstleistungen beauftragt. Diese Aufgaben werden bislang von den eigenen Mitarbeitenden des Unternehmens ausgeführt oder waren zuvor ausgeführt worden.

Insourcing ist genau das Gegenteil. Anstatt Aufgaben von Externen bearbeiten zu lassen, nutzt ein Unternehmen die eigenen Ressourcen. Entscheidet sich ein Unternehmen für das Insourcing bestimmter Bereiche, müssen oft eigene Mitarbeitende weitergebildet oder neue Arbeitende rekrutiert werden.

Outsourcing ist geeignet, wenn eine strategische Partnerschaft angestrebt wird und die Aufgaben von einem vertrauenswürdigen Partner erledigt werden. Und auch wer sich weitestgehend auf interne Arbeitende stützt, profitiert in Spitzenzeiten oder bei ganz besonderen Herausforderungen von externer Hilfe. Insourcing ermöglicht eine höhere Kontrolle über die Qualität der Arbeit, das Nutzen des informellen Netzwerks, der formellen Hierarchie und der Teams im Wertschöpfungszirkel. Insourcing beschleunigt zudem die Informationsgewinnung. Ein Mix aus In- und Outsourcing verbindet die Vorteile beider Organisationsformen.

Hybrides Arbeiten kann sowohl in einer funktionalen Arbeitsorganisation als auch in einer funktional-integrierten Organisation angewendet werden.

Abbildung 03 gibt einen Überblick über das hybride Arbeiten.

Übersicht über eine SWOT-Analyse von hybridem Arbeiten.

Abb. 03 Welche Stärken und Schwächen, welche Chancen und Hürden hat hybrides Arbeiten? Quelle Jutta Nübel

Wie funktioniert die Teamführung?

Unterschiedliche Generationen leben verschiedene Werte. Babyboomer, die sich als Feedback eine Wertschätzung ihrer Erfahrung wünschen, die mit langer täglicher Arbeitszeit Erfolg verbinden, verlassen heute und in den nächsten Jahren den Arbeitsmarkt. Aktuelle Prognosen warnen vor Arbeiterlosigkeit, Fachkräfte werden in Deutschland und in Europa fehlen. Die Generation Z tritt in den Arbeitsmarkt ein. Wer aus dieser Generation stammt, gilt als ernsthaft, fleißig, getrieben von traditionellen Erfolgskriterien wie Geld, Ausbildung und Karriere. Die Generation Z wünscht sich weniger als die Generation Y ein geräuschloses Verschmelzen von Lebenswelt und Arbeitswelt.

Die Generation X hingegen möchte einen hohen Freiheitsgrad in der Arbeitsgestaltung, lebt für die Work-Life-Balance und verlässt den Arbeitsort gern dann, wenn die Arbeit erledigt ist. Generation X bevorzugt eine Führungskraft, die kompetent und vertrauenswürdig wirkt, Generation Y wünscht sich eine Führungskraft als Mentor, Ratgeber und Coach. Eine Führungskraft für ein Team der Generation Z ist erfolgreich, wenn sie der Kompetenz, Eigenverantwortung und Verlässlichkeit der einzelnen Teamakteure vertraut. Je nachdem, welchen Generationen-Mix eine Führungskraft in ihrem Team vorfindet oder welchen sie zusammenstellen kann, ist ein inklusiver situativ flexibler Führungsstil angemessen. Tabelle 01 zeigt, wie sich die Generationen unterscheiden.

Eine Führungskraft in einem Unternehmen, das funktional-hierarchisch geführt wird, braucht Empathie und beidhändige Führung (Ambidextrie). Die Ambidextrie gehört zum Konzept der situationalen Führung und beschreibt die Fähigkeit, flexibel auf unterschiedliche Situationen und Anforderungen zu reagieren, indem sie zwischen verschiedenen Führungsstilen wechselt. Sie ist also in der Lage, sowohl direktive (autoritäre) als auch supportive (kooperative) Führungsstile anzuwenden, je nachdem, was für die jeweilige Situation und die Mitarbeitenden am besten geeignet ist.

Wenn die Führungskraft jedoch kollektive, diverse und selbststeuernde Kompetenzteams begleiten soll, braucht sie gruppendynamische Kompetenz sowie systemische Kompetenz in Mentoring, Consulting und Coaching. Ganz wichtig ist auch die Haltung, dass sich Menschen intrinsisch motivieren können und in der Lage sind, sich selbst für ein Ziel zu führen, das sie akzeptieren.

Tabelle mit den Werten verschiedener Generationen Berufstätiger.
Tab. 01  Quelle Absolventa.de; Charta der Vielfalt e. V.

Wie führt man in der VUKA-Welt?

Sozialer Druck im Team zur rechten Zeit erzeugt ist wirksamer als hierarchisch begründeter Druck. Nils Pfläging empfiehlt Führungskräften, die kollektive, diverse und selbststeuernde Kompetenzteams zusammenstellen möchten:

  • Akteure (intern und extern) in überschaubaren Teams zusammenfinden lassen
  • Teams gemeinsame Verantwortung für gemeinsame Ziele geben
  • Für Informationstransparenz sorgen
  • Für Vergleichbarkeit der Team­ergebnisse zwischen den Teams sorgen

Nach diesem Ansatz soll eine Team-Zelle funktional integriert oder funktionsübergreifend zusammengestellt sein – gleiche Funktionen finden sich in verschiedenen Teams. In und zwischen den Teams wird auf Augenhöhe kommuniziert. Die Teams arbeiten für- und miteinander, nicht gegeneinander. Geschäftsprozesse fließen weitgehend innerhalb der Team-Zellen und sind dezentralisiert. Fachkräfte der Technischen Kommunikation sind nicht in einer Abteilung zusammengefasst, sondern arbeiten in überschaubaren Team-Zellen, die auf Kunden und den Produktlebenszyklus bezogen sind.

Die Organisation agiert in einem lebendigen, agilen und vom Markt gesteuerten Netzwerk, in dem jeder Akteur eigenverantwortlich handelt. Die organisationale Robustheit entsteht aus der Qualität und Vielfalt der Kommunikation zwischen Akteuren und Teams. Richtlinien, Standards, Anweisungen und Kontrollen sind überflüssig.

Führung besteht darin, kollektiv einen Handlungs- oder Lösungsraum aufzuspannen, der von „Gummibändern“ gehalten wird, wie Nils Pfläging sagt. Innerhalb dieser Bänder agieren Einzelne und Teams unternehmerisch.

Transparenz im Arbeitsfortschritt zu schaffen, das heißt, offen und zeitnah informieren, konstruktives wertschätzendes Feedback geben und kommunizieren. So entstehen Ansporn und sozialer Druck in und zwischen Teams.

Was kann die IT dazu leisten?

IT-Systeme für Technische Kommunikation sollen den aktuellen Bedürfnissen des Unternehmens entsprechen, skalierbar sein, effektiv transformierbar und schnell auf neue Anforderungen in der komplexen ökonomischen Welt anpassbar sein. Temporär begrenzt eingesetzte diverse und selbststeuernde Teams sollen sich einfach und schnell zu einem System hinzufügen und wieder auflösen lassen.

Inhalte der Technischen Redaktion werden in einer Quelle gespeichert und können an verschiedenen Orten in unterschiedlichen Ländern rollenbasiert eingegeben werden. Bei der Einführung ist es wichtig, im Redaktionssystem eine Ausgangssprache (Quellsprache) festzulegen. Denn ein Wechsel zwischen den Ausgangssprachen bei der Ersteingabe macht den Redaktionsprozess kompliziert. Aus internationaler Perspektive dürfte Englisch der kleinste gemeinsame Nenner sein. Für kollektive, diverse und selbststeuernde Kompetenzteams ist gerade die Transparenz entscheidend – wer arbeitet woran bis wann. Das Content-Delivery-System publiziert Inhalte über eine WebApp oder als PDF, damit der Endanwender auf die Information zugreifen kann. Die Suchergebnisse sollen übersichtlich strukturiert angezeigt werden, nach Relevanz oder chronologisch sortierbar sein.

In einem Service-Assistance-Tool und auf einer Informationsplattform für Unternehmensinterne und -externe stehen komfortable, rollenspezifische Suchfunktionen bereit. Der Anwender kann über ein Freitextfeld etwa nach Begriffen, Phrasen oder auch Wortkombinationen suchen. Alternativ kann er Filterfunktionen nutzen, um gezielt Informationen zu bestimmten Produktmodellen, Baugruppen, Ersatzteilen, Werkzeugen sowie Betriebsstoffen zu finden. Nutzertraining, Präventive Wartung, Störungssuche und Diagnose zählen zu den weiteren Anwendungsfeldern, auf denen das Unternehmen oder externe Partner Wertschöpfung erzielen können.

Um das semantische Wissensnetz im Content Chain aktuell zu halten, ist eine komfortable Rückmeldefunktion hilfreich. Diese Funktion kann ein Anwender oder eine Anwenderin etwa an einer Maschine, im Cockpit oder auch im Service einfach und sofort nutzen.

Eine modulare Cloudlösung unterstützt hybrides Arbeiten, nämlich dann, wenn keine Installation nötig und die Software direkt im Browser nutzbar ist. Falls nötig kann die Speicherung aller Daten in einem externen zertifizierten Rechenzentrum angemessen sein, um die internen IT-Ressourcen zu entlasten.

Wie wird arbeitsteilig gearbeitet?

In einer funktionalen, arbeitsteiligen Organisation nach dem Taylor-Prinzip existieren in der Technischen Redaktion zahlreiche Rollen: Teamleiter/-in, Projektmanager/-in, Key-User/-in, IT-Administrator/-in, Informationslogistiker/-in, Beauftragte/-r Recht und Normen/CE, Terminologe/-in, Redakteur/-in, Technische/-r Illustrator/-in, Lektor/-in, Übersetzer/-in. Der Workflow ist exakt sequenziell und arbeitsteilig im IT-System abgebildet. Die erwarteten Zeiten pro Arbeitsschritt sind hinterlegt. Störungen im Betrieb stehen auf einem Dashboard.

Nach dem Projektabschluss wird der Prozess der kontinuierlichen Verbesserung (KVP) angestoßen: Was können wir in kleinen Schritten tun, um noch effizienter und effektiver zu werden. Während der Systemeinführung wird jede Person rollenspezifisch trainiert. Ein strukturierter Redaktionsleitfaden und ein umfassendes Anwenderhandbuch sorgen für eine jederzeit verfügbare Unterstützung. Ein Modul im KVP ist das jährliche User-Meeting als Refresher, Prozessoptimierungen werden gebündelt mitgeteilt und trainiert. Ein Onboarding-Programm für neu rekrutierte Arbeitende (Interne wie Externe) ist verfügbar.

Die Nutzer des Content-Delivery-Systems sind von der Technischen Redaktion funktional getrennt. Eine direkte Kommunikation ist nicht vorgesehen. Die Service-Assistance-Anwendung orientiert sich am Produktlebenszyklus und ist rollenbasiert organisiert: Inbetriebnahme, Betrieb, Wartung, Fehlerdiagnose, Ersatzteil- und Werkzeugauswahl, Bestellabwicklung, einfache Reparatur, komplizierte Reparatur, Außerbetriebnahme, Stilllegung und Entsorgung.

Die Information-Management-Plattform ist zielgruppengerecht implementiert, verfügbar über Internet und mobile Endgeräte.

Was ist funktional-integrierte Arbeit?

Technische Redakteure und Redakteurinnen sind speziell ausgebildete und qualifizierte Fachkräfte. Sie erstellen alle Arten von Informationen rund um die verschiedensten technischen Produkte. Außerdem werden sie in einem funktional-integrierten Team in der Peripherie, mit direktem Kontakt zum Kunden vertriebs- und serviceorientiert arbeiten oder in einem funktional-integrierten Team in der Produktentwicklung im Zentrum der Organisation. Die strenge Arbeitsteilung ist aufgelöst. Das Korrekturlesen und das Einarbeiten von Änderungen übernimmt ein Teammitglied. Übersetzungen in die Zielsprache für den Kundenauftrag führt ein externer Partner verlässlich aus. Das Team in der Produktentwicklung fügt die produktsicherheitsrelevanten Informationen hinzu. Es entwirft im IT-System einen digitalen Zwilling mit der Knowledge-Graph-Technologie. Gemeinsam mit dem Kunden befüllt das Team in der Peripherie gemeinsam mit dem Service-Personal vor Ort den Wissensraum und ergänzt Fehlerdiagnose und -behebung. Zeitnah und auf Augenhöhe werden die Anfragen der Kunden bearbeitet und in den Teams kollaborativ Lösungen erarbeitet.

Was können wir erwarten?

Die semantische Technologie eines Knowledge Graphen ermöglicht eine strukturierte und wachsende Repräsentation eines Wissensraums und seiner Logik. Dadurch lassen sich komplizierte Fragestellungen beantworten und Antworten nachvollziehbar begründen.

Die Knowledge-Graph-Technologie gewinnt an Relevanz. Schließlich eröffnet sie neue Möglichkeiten für die digitale Repräsentation technischer Information, indem sie das Fachwissen der intern Arbeitenden, der externen Partnern und der Kunden mit den Techniken der Künstlichen Intelligenz verknüpft. Diese Technologie wird gerade für Arbeiten in kollektiven, diversen und selbststeuernden Kompetenzteams gebraucht.

Generative Künstliche Intelligenz (KI) beschreibt Algorithmen (wie bei ChatGPT). Diese können verwendet werden, um neue Inhalte wie Audio, Code, Bilder, Text, Simulationen und Videos zu erstellen. Jüngste Durchbrüche in diesem Bereich haben das Potenzial, die Art und Weise, wie wir an die Erstellung von Inhalten herangehen, drastisch zu verändern.

Mit Hilfe von Deep-Learning-Modellen können Teams in der Produktentwicklung zehntausende potenzielle Designs bewerten. Deep Learning wählt iterativ die relevantesten Parameter aus. Bis zu 100 Prozent der Parameter werden automatisch ausgewählt. Anschließend entstehen Geometrien, die durch variierende Parameter erzeugt werden (bis zu einer Million Mal). Nun erstellt das Deep-Learning-Modell Prognosen; alle erzeugten Geometrien und innerhalb der getesteten Randbedingungen entstehen in einem Modelllauf innerhalb von Sekunden. Die Geometrien mit besten Wirkungsgraden werden automatisch ausgewählt. Das Ergebnis ist zunächst ein Modelltestaufbau. Wenn die Optimierung abgeschlossen ist, wird die beste Geometrie beibehalten und erstellt. Es ist zu erwarten, dass auch diese Technologie dafür sorgt, dass sich die Aufgaben von Produktdesignern und -designerinnen sowie Fachleuten aus der Technischen Kommunikation verändern werden.

Was bleibt am Ende?

Wenn der äußere Druck auf die innere Stärke einer Arbeitsorganisation trifft und die Führungskräfte den Mut haben, die Arbeitenden von der Überwachung zur Selbstverantwortung zu begleiten, entstehen kollektive, diverse und selbststeuernde Kompetenzteams. Damit ist auch die Grundlage gelegt für digitale Innovationen in einer wertschöpfenden Organisation. Fachleute für Technische Kommunikation, die planen, in den nächsten zehn Jahren Teil einer hybriden Arbeitswelt zu sein, werden sich in ihrem Fachbereich auf der dritten Welle der Digitalisierung bewegen können.

Links und Literatur

https://www.weforum.org/agenda/2015/01/great-leader-in-complex-world/ 

https://de.wikipedia.org/wiki/VUCA 

https://en.wikipedia.org/wiki/Theory_X_and_Theory_Y#:~:text=Theory%20X%20and%20Theory%20Y%20are%20theories%20of,Abraham%20Maslow%2C%20who%20created%20the%20 hierarchy%20of%20needs  

Pfläging, Nils; Hermann, Silke (2020): Zellstrukturdesign: Eine neue Sozialtechnologie, die unternehmerischer Wertschöpfung Flügel verleiht.

Pfläging, Nils (2014): Organisation für Komplexität: Wie Arbeit wieder lebendig wird – und Höchstleistung entsteht.

https://www.cisco.com/c/de_de/solutions/hybrid-work/what-is-hybrid-work.html 

https://blog.staff.cloud/de/insourcing-oder-outsourcing-personal 

https://www.indeed.com/career-advice/career-development/insourcing-vs-outsourcing 

https://www.charta-der-vielfalt.de/fileadmin/user_upload/Diversity-Tag/2022/Deutscher_Diversity-Tag_2022/Factbook_2022.pdf 

https://www.ambidextrie.de/post/2-auflage-von-beidh%C3%A4ndige-f%C3%BChrung-erschienen 

https://www.empolis.com/produkte/ 

https://quanos.com/produkte/quanos-infotwin/ 

https://www.star-group.net/de/produkte/informationsmanagement.html 

https://www.star-group.net/de/produkte/prisma.html 

https://www.fischer-information.com/produkte/ 

https://www.noxum.com/files/c5/45/Fachartikel%20Audi%20Knowledge%20Tank.pdf 

https://de.wikipedia.org/wiki/Kontinuierlicher_Verbesserungsprozess#Ablauf_eines_KVP-Projekts 

https://www.mckinsey.com/featured-insights/themes/ai-powered-bots-have-entered-the-chat?cid=other-eml-alt-mip-mck&hlkid=80114c31cfdd4fa78cc88483108d6314&hctky=12571044&hdpid=d6c5fc10-d153-48e6-8098-ab1e53edc16b  

https://www.mckinsey.com/capabilities/operations/our-insights/deep-learning-in-product-design 

https://en.wikipedia.org/wiki/Knowledge_graph 

https://de.wikipedia.org/wiki/ChatGPT 

https://en.wikipedia.org/wiki/Knowledge_graph 

https://en.wikipedia.org/wiki/Deep_learning 

Titelseite 03 2023 der technischen kommunikation.