Informationsprodukte ohne Barrieren

Text: Nina Jameson Tobias Roppelt

Digitale Barrierefreiheit war lange ein vernachlässigtes Thema. Diese Zeiten sind vorbei: Dank der Gesetzgebung ist Barrierefreiheit künftig kein Nischenthema mehr.

Inhaltsübersicht

Lesedauer: 12:14 Minuten

Was bedeutet digitale Barrierefreiheit? Etwas ist barrierefrei, wenn es von jedem Menschen, unabhängig von körperlichen oder kognitiven Fähigkeiten, ohne fremde Hilfe genutzt werden kann – seien es Gebäude, Verkehrsmittel, öffentliche Plätze, Produkte oder Dienstleistungen (Abb. 01). Digitale Barrierefreiheit konzentriert sich auf die digitalen Aspekte von Barrierefreiheit. Etwa Apps, Webseiten, Geldautomaten, Handys oder digitale Informationsprodukte. Dazu zählen neben Online-Hilfen auch Gebrauchs- und Betriebsanleitungen. Wer sich bislang nicht mit dem Thema beschäftigt hat, wird überrascht sein, wie viele Inhalte für Menschen mit Behinderung nicht nutzbar sind.

Eine Person demonstriert mit einem Schild für Barrierefreiheit.'
Abb. 01 Barrierfrei: Jeder Mensch kann ein technisches Produkt uneingeschränkt nutzen, unabhängig von körperlichen und kognitiven Fähigkeiten. Quelle Nina Jameson und Tobias Roppelt Illustration CSH/Adobe Stock.

Was sind digitale Barrieren?

Wenn Sie sich jetzt wundern, was der ganze Aufriss soll, verständlich! Wahrscheinlich haben Sie wie viele andere Menschen noch nie vor einer digitalen Barriere gestanden. Das liegt vorrangig daran, dass diese Barrieren meistens unsichtbar sind. Im Gegensatz zur Sichtbarkeit sind die Auswirkungen aber enorm. Ganze Webseiten, Apps und PDFs können aufgrund ihres technischen Aufbaus schlichtweg nicht von assistiver Technologie bedient oder gelesen werden. Assistive Technologien meint Hilfsmittel, die Menschen mit Behinderung verwenden können, um Software zu bedienen.

Das ist auch der Grund, warum wir mehr digitale Barrierefreiheit benötigen. Alle sollten in der Lage sein, online Anträge zu stellen oder bezahlte Produkte zu konsumieren. Der Technik sei Dank, können bereits sehr viele Barrieren durch assistive Technologien überwunden werden. Es gibt nur ein Problem in der Rechnung – die Qualität der Ausarbeitung. Ein Beispiel: Screenreader sind Software, mit deren Hilfe Inhalte analysiert und ausgelesen werden können, ohne visuelle Wahrnehmung zu benötigen. Das funktioniert aber nur, wenn bei den Inhalten durch korrekte Auszeichnung klar wird, ob ein Element eine Überschrift, ein Link, ein Bild oder eine Tabelle ist.

Wofür der Aufwand?

„Das klingt nach viel Arbeit, die wenigen Menschen hilft“, Sie sind nicht allein, wenn Ihnen dieser Gedanke durch den Kopf geht. Zum Glück ist das Gegenteil der Fall. Barrierefreiheit hilft uns allen. Lediglich drei Prozent aller Behinderungen sind angeboren, während 97 Prozent im späteren Leben entstehen. Je älter wir werden, desto wahrscheinlicher werden wir eine Behinderung haben, sei es der Verlust des Gehörs oder schwindende Sehkraft. Also sorgen Sie durch digitale Barrierefreiheit nicht nur für sich selbst vor, sondern auch für Freunde, Eltern und Verwandte.

Was sagt der Gesetzgeber?

Die Vision hinter Barrierefreiheit ist, alles für alle nutzbar zu machen. Ein hehres Ziel, in der Praxis aber leider (noch) nicht umsetzbar. Aktuell geht es vielmehr darum, einen Mindestanspruch an Produkte und Dienstleistungen zu erfüllen, um den Zugriff auf Informationen zu gewährleisten. Die digitale Barrierefreiheit ist in folgenden Gesetzen geregelt:

  • Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)
  • Barrierefreiheitsinformations­technikverordnung (BITV)
  • Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) und die Barrierefreiheitsstärkungs­gesetzverordnung (BFSGV)

Das BGG und die BITV sind relevant für den öffentlichen Bereich. Das BFSG betrifft einen großen Bereich der Privatwirtschaft.

Was steht im BFSG?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz fordert Barrierefreiheit für Bestandteile des B2C-Bereichs; der B2B-Bereich fällt nicht darunter (Abb. 02). Das Gesetz befasst sich mit Produkten und Dienstleistungen, die Verbraucherinnen und Verbraucher betreffen.

Übersicht über das Wichtigste des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz.
Abb. 02 Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz im Überblick. Quelle Nina Jameson und Tobias Roppelt.

Stichtag ist der 28. Juni 2025. Ab dann müssen alle Produkte und Dienstleistungen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung barrierefrei sein. Zu den Produkten zählen:

  • Hardware und Softwaresysteme; etwa Selbstbedienungsterminals wie Geldautomaten, Fahrkartenautomaten oder E-Book-Lesegeräte
  • Verbraucherendgeräte wie Smartphones oder internetfähige Fernseher
  • Bankdienstleistungen
  • E-Books und dafür bestimmte Software
  • der gesamte elektronische Geschäfts­verkehr; dazu zählen Webseiten, die etwas verkaufen (Online-Shops) oder dazu genutzt werden, um zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Kauf zu führen, etwa eine Restaurant-Webseite mit Terminbuchungssystem

In diesem Zusammenhang ist besonders interessant, dass nicht nur die Hardware- und Softwaresysteme selbst barrierefrei werden müssen, sondern auch Informationen zur Nutzung. Details verrät uns die Verordnung passend zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV).

In Paragraf 4 der BFSGV steht, dass Kennzeichnungen, Gebrauchsanleitungen und Warnhinweise barrierefrei zur Verfügung gestellt werden müssen. Aber auch Anleitungen von Produkten, die nicht auf dem Produkt selbst, sondern auf anderen Wegen, wie Webseiten, bereitgestellt werden, müssen barrierefrei sein. Darunter fallen alle Arten von Anleitungen, etwa zur Installation, Wartung, Lagerung und Entsorgung eines Produktes (BFGSV § 5). Weiterhin benennt die BFSGV auch die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit als zuständige Stelle für die Veröffentlichung der relevanten technischen Standards.

Welche Fristen gelten?

Für Produkte und Dienstleistungen, die vor dem 28. Juni 2025 auf dem Markt waren, gilt eine Übergangsfrist bis 2030. Die Frist ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. Werden wesentliche Änderungen vorgenommen, verfällt die Frist und das Produkt oder die Dienstleistung muss mit Veröffentlichung barrierefrei sein. Das schließt natürlich auch produktbegleitende Dokumente mit ein.

Wenn Firmen die Übergangszeit ausreizen wollen, sollten sie frühzeitig überprüfen, welche Entwicklungen in den nächsten Jahren geplant sind und ob diese Änderungen juristisch unter „wesentliche Änderungen“ fallen. Falls ja, ist digitale Barrierefreiheit eine Voraussetzung für die Veröffentlichung.

Was bedeutet das für die Praxis?

Es gibt viel zu tun. Neue Inhalte müssen barrierefrei erstellt und bestehende überholt werden. Welche Kriterien müssen diese Inhalte erfüllen, um als barrierefrei zu gelten? Die Antwort gibt uns die europäische Norm 301 549. Wenn im weiteren Verlauf dieses Artikels über digitale Barrierefreiheit geschrieben wird, ist damit barrierefrei nach EN 301 549 gemeint.

Was sagt die Normung?

Die EN 301 549 ist das maßgebliche Dokument, wenn es um die Umsetzung digitaler Inhalte geht (Abb. 03). Je nachdem, ob Inhalte in Form von Web- oder Nicht-Web-Dokumenten bereitgestellt werden, gelten unterschiedliche Anforderungen. Dennoch basieren die Anforderungen wiederum größtenteils auf denselben Richtlinien: die „Web Content Accessibility Guide­lines“ (WCAG).

Sieben Schritte zur maßgeblichen Norm.
Abb. 03 Die EN 301 549 hat sich über mehrere Etappen zur maßgeblichen Norm zur digitalen Barrierefreiheit entwickelt. Quelle Nina Jameson und Tobias Roppelt.

Die WCAG sind der internationale Standard, wenn es um digitale Barrierefreiheit geht. Ursprünglich wurde die WCAG für Webinhalte entwickelt. Sie können aber dank der zugrundeliegenden Prinzipien auf unterschiedlichste Formate angewandt werden. Dazu gehört PDF.

Welche Grundlagen existieren?

Die WCAG sind wie eine Zwiebel. Manchmal bringen sie uns zum Weinen. Außerdem haben die Guidelines mehrere verborgene Schichten. Vier Prinzipien bilden die äußere Schicht. Sie besagen, dass barrierefreie Inhalte wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sein müssen (Abb. 04).

Illustration von Wahrnehmbarkeit, Verständlickeit, Bedienbarkeit und Robustheit.
Abb. 04 Die äußere Schicht der Web Content Accessibility Guidelines. Quelle Nina Jameson und Tobias Roppelt.

Schälen wir diese Schichten ab, dann finden wir darunter Leitlinien. Die Leitlinien beleuchten unterschiedliche Aspekte des jeweiligen Prinzips. Den Leitlinien werden wiederum Erfolgskriterien zugewiesen. Um Ihre Inhalte barrierefrei zu machen, müssen Sie diese Erfolgskriterien erfüllen. Die Erfolgskriterien werden in drei Level aufgeteilt:

  • A (niedrigste)
  • AA (mittlere)
  • AAA (höchste)

Für Webseiten und Dokumente, die nach dem BFSG barrierefrei werden müssen, ist AA rechtlich relevant. Um AA zu erreichen, müssen Sie auch das Level A gewährleisten. Ideal ist es, AAA mitzunehmen – wo es geht. Damit Inhalte nachhaltig und langfristig barrierefrei werden und bleiben, ist es wichtig, die Prinzipien hinter barrierefreien Inhalten zu verstehen.

Prinzip der Wahrnehmbarkeit

Trick Nummer eins für barrierefreie Inhalte ist, nie davon auszugehen, dass Menschen Inhalte auf eine bestimmte Art und Weise wahrnehmen. Deshalb sollten Dokumente immer in einer Form vorliegen, die auf unterschiedliche Arten verarbeitet werden kann. Sie und ich lesen Dokumente vielleicht am liebsten visuell, unser Nachbar hört sie sich aber gerne an, und die Dame von gegenüber ertastet die Inhalte am einfachsten mit Braillezeile.

Die gute Nachricht ist, Sie müssen nichts anderes dafür tun, als den Inhalt so aufzubereiten, dass er von einer Software ausgelesen werden kann. Das bedeutet, Elemente sauber auszeichnen und formatieren. Eine Überschrift sollte nicht nur visuell als Überschrift erkennbar, sondern auch auf semantischer Ebene eine Überschrift sein. Bilder benötigen Textalternativen, und Listen sollten als Listen formatiert werden. Was Software einmal verstanden hat, kann sie auf x-beliebige Art wieder ausgeben.

Sie müssen sicherstellen, dass Ihre Botschaften für alle ersichtlich sind. Deshalb sollten wir niemals nur auf einen Kommunikationskanal setzen, insbesondere nicht nur auf Farbe. Wenn Sie Rot und Grün als bildhafte Metapher für richtig und falsch verwenden, geht das an etwa 10 Prozent aller Männer vorbei. Warum? Sie haben eine Rot-Grün-Schwäche und können die Unterscheidung nicht klar erkennen. Um sicherzustellen, dass jeder versteht, was richtig und falsch ist, sollten Sie zusätzlich klare, textuelle Anweisungen geben.

Prüfen Sie außerdem die Farben, die Sie verwenden. Denn in barrierefreien Dokumenten dürfen Farbkontraste gewisse Schwellenwerte nicht unterschreiten. Für Sehbehinderungen und schwindende Sehstärke im Alter erleichtern starke Farbkontraste das Lesen enorm.

Prinzip der Bedienbarkeit

Hier ist Trick Nummer zwei: Gehen Sie nicht davon aus, dass Dokumente auf eine bestimmte Weise bedient werden. Damit wirklich alle Ihre Inhalte nutzen können, müssen sie sowohl mit Maus und Touchpad als auch mit Tastatur zugänglich sein.

Die Tastatur spielt eine entscheidende Rolle für die Barrierefreiheit. Neben der Hardware-Tastatur hat jedes Betriebssystem eine Software-Tastatur. Diese kann von assistiven Technologien genutzt werden, um virtuelle Tastenanschläge zu erzeugen. Das erleichtert die Bedienung erheblich für Menschen mit verschiedenen Behinderungen. Solange niemand unter Zeitdruck steht, ist die Tastatureingabe ein wahrer Alleskönner.

Damit Sie, unabhängig von der Nutzungsart, den Durchblick behalten, sollte eines immer klar erkennbar sein: der aktuelle Fokus. Darum gibt es in Dokumenten einen Fokusrahmen für interaktive Elemente wie Links. Dieser Rahmen wird in vielen Fällen leider ausgeschaltet. Öffnen Sie bei nächster Gelegenheit Ihre zehn Lieblingsseiten. Wahrscheinlich ist da eine dabei, die eben keinen Fokus anzeigt, wenn Sie mit der Tabulator-Taste durch die Seite navigieren.

Außerdem möchten Sie sicherstellen, dass man generell gut durch Ihr Dokument kommt, wenn man keine Maus mit Endlos-Scroll zur Hand hat. Assistive Technologien, wie Screenreader, präsentieren Inhalte in linearer Reihenfolge. Darum ist es hier sehr praktisch, wenn sich wiederholende Elemente, wie Kopf- oder Fußzeilen, einfach übersprungen werden können.

Prinzip Verständlichkeit

Verständlichkeit und Wahrnehmbarkeit gehen beinahe Hand in Hand. Damit Inhalte für alle verständlich sind, muss für das Verständnis notwendiges Wissen auch für alle mitgegeben werden, wie zum Beispiel die Sprache des Dokuments. Wenn diese fehlt, könnten assistive Technologien Probleme damit haben, Text korrekt darzustellen. Auch wenn Denglisch ganz charmant wirken kann, will man es sicherlich nicht bei wichtigen Warnhinweisen sehen oder hören.

Wichtig ist zudem, dass wiederkehrende Komponenten in der gleichen relativen Reihenfolge angeordnet sind. Auf einer Webseite würde das beispielsweise bedeuten, die Seitennavigation immer gleich zu haben und nicht die Reihenfolge zu ändern. Benutzer mit eingeschränkter Handbeweglichkeit können so ihre Aufgaben einfacher und mit möglichst wenigen Tastenanschlägen erledigen.

Auch bei Formularen können Sie vieles verständlicher machen, wenn sie Leser und Leserinnen dabei unterstützen, fehlerfreie Eingaben zu machen und Fehler zu erkennen. Das passiert in der Regel nicht von allein, und man muss etwas dafür tun – etwa Beschriftung, Eingabefelder und Fehlermeldung miteinander verknüpfen und hilfreiche Fehlermeldungen anbieten.

Prinzip Robustheit

Nicht mal Chuck Norris sollte Ihre Dokumente kaputtmachen können. Trick Nummer vier lautet: Verwenden Sie Formate so, dass sie von Software ausgelesen und interpretiert werden können. Das erreichen Sie, indem Sie formal korrekt arbeiten und keine exotischen Markups oder Code verwenden, sondern dem Standard vertrauen. So können Sie sicher sein, dass Internetbrowser und Hilfsmittel, wie Screenreader, Ihre Inhalte interpretieren und ohne Probleme auslesen und darstellen können.

Wie lassen sich Inhalte prüfen?

Wenn Sie Dokumente nach EN 301 549 entwickeln, müssen Sie sie nach der Norm prüfen. Je nachdem, ob Inhalte auf Webseiten oder über Nicht-Web-Dokumente zur Verfügung gestellt werden, stehen unterschiedliche Prüfverfahren bereit.

Sie können Ihre Inhalte Stand heute nicht voll automatisiert auf Barrierefreiheit testen. Einige Kriterien, wie das der Fokus-Reihenfolge, müssen immer manuell validiert werden. Wenn Sie Ihren Aufwand geringhalten wollen, empfehle ich Ihnen folgende Reihenfolge: Test auf formale Korrektheit, automatisierte Tests und, wenn alle Fehler bis dahin behoben sind, dann folgen manuelle Tests.

Bevor Sie sich in die Erstellung barrierefreier Inhalte stürzen, prüfen Sie, ob Ihre Tools barrierefreien Output liefern können. Das ist leider nicht selbstverständlich. Achten Sie in der Dokumentation auf die Angabe der Norm. Nur barrierefrei oder barrierearm reicht nicht. Sie benötigen barrierefrei nach EN 301 549.

Wie ist es mit einer Webseite?

Was für Software gilt, ist abhängig von Funktionalität und Plattform (App, Webseite, Desktop-Anwendung), über die Inhalte ausgespielt werden. Wenn Sie Technische Dokumentation erstellen, die Verbrauchern und Verbraucherinnen über einfaches HTML bereitgestellt wird, ist für Sie insbesondere Kapitel 9 der EN 301 549 interessant. Solange Leser und Leserinnen nicht selbst als Autoren innerhalb des Dokuments tätig werden, reicht es aus, sich vorrangig mit Kapitel 9 auseinanderzusetzen. Alle Kriterien des Kapitels verweisen auf die WCAG A und AA-Kriterien:

Formale Korrektheit – prüfen Sie, ob das HTML Ihres erzeugten Dokuments korrekt ist. Dafür gibt es Gratis-Tools im Internet, zum Beispiel der HTML Validator von W3C. Fehler im HTML sind eines der häufigsten Probleme in Bezug auf Barrierefreiheit. Mit dem HTML-Check anzufangen, bedeutet für Sie, die meisten Probleme bereits am Anfang zu finden und viel Zeit und Nerven zu sparen. Abhängig von der Output-Qualität Ihres Tools kann es natürlich sein, dass Sie hier noch mal nachjustieren müssen.

Automatisierte Tests – diese Tests sind nicht perfekt, nehmen einem aber viel Zeit und Arbeit ab. Sie sind ein schneller Weg, um offensichtliche Probleme zu entdecken, bevor Sie sich an das zeitintensive manuelle Testen machen müssen. Schauen Sie sich zu diesem Zweck die Browser-Plug-ins Arc-Toolkit, Axe-Devtools und Wave an. Kombinieren Sie unterschiedliche Tools. Jedes findet eine andere Baustelle.

Manuell Testen – prüfen Sie die Inhalte selbst, dann können Sie auf Tools zurückgreifen, die Sie strukturiert durch den Prozess führen: Accessibility Insights Assessment Tool, CAAT oder die Selbsttests der BITV. Viele Menschen mit Behinderung verwenden assistive Technologien, um Webseiten zu benutzen. Laut der WCAG ist Ihre Webseite erst dann konform, wenn sie mit assistiven Technologien bedienbar ist. Darum ist es wichtig, dass Ihre HTML-Dokumentation letztlich mit assistiven Technologien getestet wird. Am besten natürlich von Menschen mit Behinderung, die eben Profis auf diesem Gebiet sind. Drei gängige Arten von assistiver Technologie sind die Bildschirmlupe, Screenreader und Sprach­erkennung.

Was ist mit PDF?

Für Nicht-Web-Dokumente gilt Kapitel 10 der EN 301 549. Nicht-Web-Dokumente sind Dokumente, die keine Webseiten oder in solche eingebettet sind oder mit einer Webseite zur Verfügung gestellt, aber nicht mit ihr gerendert werden. Zu den Nicht-Web-Dokumenten zählen E-Mails, Präsentationen, Filme oder PDFs.

PDFs, die das Potenzial für Barrierefreiheit haben, sind mit Tags versehen. Ein Tag ist ein Etikett, das den Inhalt eines Dokumentes beschreibt: Überschrift, normaler Text, Bilder oder auch eine Tabelle. So kann assistive Technologie das Dokument korrekt auslesen und weiterverarbeiten.

Formale Korrektheit – Metadaten und korrekte Formatierung sind bei Dokumenten die halbe Miete. Einige Editoren, wie Word oder LibreOffice, bringen sogar schon interne Tests mit. Diese prüfen einfache Kriterien wie das Vorhandensein von Alternativtexten oder auch von Farbkontrasten. Wenn Sie ein Dokument erstellen, lassen Sie also zunächst das Werkzeug alles übernehmen, was es kann.

Mit Acrobat Pro können Sie nicht nur barrierefreie PDF-Dateien erstellen. Mit der Anwendung können Sie auch bestehende Dokumente nachträglich barrierefrei machen, indem Sie direkt den Tag-Baum bearbeiten.

Automatisierte Tests – exportieren Sie Ihr Dokument mit relevanten Meta-Tags (Sprache, Titel …) und schicken Sie es durch Prüftools. Der Standard für barrierefreie PDFs ist PAC (PDF Accessibility Checker) und kann kostenfrei aus dem Internet heruntergeladen und genutzt werden. Aktuell funktioniert PAC nur auf Windows. Alternativ stellt Axes4 einen Online-Test bereit, über den Sie ebenfalls Ihr Dokument prüfen lassen können. Leider ist hier die Fehlerausgabe nicht detailliert. Sie machen sich die Analyse daher wesentlich leichter, wenn sie mit einem Windows-Rechner arbeiten.

Manuelle Tests – prüfen Sie Kriterien selbst, die nicht automatisiert abgedeckt werden können. Dazu zählt die Fokusreihenfolge. Ein barrierefreies Dokument muss von Menschen mit Behinderung genutzt werden können, darum testen Sie auch hier mit assistiver Technologie.

Was bringt das?

Digitale Barrierefreiheit kommt, und wir werden Zeit und Geld dafür ausgeben, ob wir wollen oder nicht (Abb. 05). Beginnen Sie jetzt damit, Barrierefreiheit in Ihre Produkte und Prozesse zu integrieren. Nutzen Sie die Chancen digitaler Barrierefreiheit für sich und Ihr Unternehmen. Gestalten Sie nicht für sich selbst, sondern für den größtmöglichen Markt. Sie werden überrascht sein, wen Sie damit alles unterstützen.

Säulen zeigen die Vorteile von Barrierefreiheit heute und in Zukunft.
Abb. 05 Die Vorteile digitaler Barrierefreiheit zahlen sich eher früher als später aus.

Links zu Tools und Quellen

WCAG: https://www.w3.org/TR/WCAG22/

PDFs testen

https://check.axes4.com/de/

https://pac.pdf-accessibility.org/de

Webseiten testen

https://wave.webaim.org/extension/

https://www.tpgarc.com/

https://www.deque.com/axe/devtools/

https://validator.w3.org/

Gesetze

BFSG und BFSGV im Bundesgesetzblatt:

https://www.bgbl.de

Bundesfachstelle für Barrierefreiheit:

https://www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de

Eine Person demonstriert mit einem Plakat für Barrierefreiheit.