Biomechanoide

Text: Steffen-Peter Ballstaedt

Die Technische Kommunikation ist historisch in eine breite kulturelle Tradition eingebettet mit Bezügen zu Philosophie, Handwerk, Kunst und Wissenschaft. Heute: Humanoide und Cyborgs.

Inhaltsübersicht

Lesedauer: 02:47 Minuten

Wer den Film „Alien“ von Ridley Scott gesehen hat, wird sicher den Xenomorphen nicht wieder aus dem Kopf bekommen, ein gnadenloses Raubtier mit biomechanischem Aussehen (Abb. 01). Das Wesen, das in seiner Entwicklung in zahlreichen Gestalten auftaucht, hat der Schweizer Künstler Hans Rudolf Giger entworfen und dafür 1980 einen Oscar für visuelle Effekte bekommen.

Ein Außenseiter

Hans Rudolf Giger (1940–2014) oder Hansruedi, wie die Schweizer den eher finsteren Zeitgenossen nannten, hatte Innenarchitektur und Industriedesign studiert und zunächst nur nebenher gezeichnet, gemalt und Skulpturen geschaffen. Er hat Plattencover gestaltet, Videoclips gedreht, in vielen Filmen als Designer mitgewirkt und das Computerspiel „Dark Seed“ visuell gestaltet. Seine Motive sind gewöhnungsbedürftig: gruselig, makaber, morbid, sexualisiert. Als Künstler fand er lange Zeit wenig Anerkennung, heute wird er dem Phantastischen Realismus oder Neo-Surrealismus zugerechnet.

Eines von Gigers Lieblingsthemen waren Biomechanoiden – Mischwesen, die sich aus organischen und technischen Komponenten zusammensetzen: „Ich verstand darunter eine harmonische Verschmelzung der Technik, Mechanik mit der Kreatur“ [1, S. 50]. Viele Wesen haben ein metallenes Exoskelett, glatte metallene Schädeldecken und gerippte Körper. Tierische Organe wie Zähne, Krallen, Schwänze gehen in mechanische Komponenten wie Röhren, Rippen, Schläuche über, Muskeln und Sehnen werden zu metallenen Streben und Verbindungen. Im Alien fließt Säure statt Blut. Die Aufhebung der Grenze zwischen Natur und Technik kann in zwei Richtungen erfolgen: humanoide Maschinen oder maschinelle Menschen.

Quelle Hans Rudolf Giger

Abb. 01 Das von Giger designte Alien ist ein Mischwesen aus organischen und technischen Komponenten. Quelle Hans Rudolf Giger

Künstliche Menschen

Humanoide sind Roboter oder Maschinen, die teilweise wie Menschen aussehen und wie Menschen handeln. Ein besonders menschenähnlicher Roboter wird als Android bezeichnet, sozusagen eine technische Kopie des Menschen, der auch komplexe Tätigkeiten (zum Beispiel in der Pflege) und gefährliche Arbeiten (zum Beispiel im Weltall) verrichten soll. Das wohl bekannteste Beispiel ist der „Terminator“, gespielt von Arnold Schwarzenegger. Darin bekommt ein Roboter eine organische Hülle, um die Menschen zu täuschen.

In diesen Bereich gehören auch Fragen der Künstlichen Intelligenz; das Wort ist ja bereits ein Kompositum aus Technik und Gehirn. Können Computer wirklich denken und können sie sogar fühlen sowie Bewusstsein und Identität entwickeln? Der Psychologe Dietrich Dörner hält dies ab einer gewissen Programmkomplexität für möglich [2]. Ein Beispiel ist der Computer „HAL 9000“ aus dem Film „Odyssee im Weltraum“, der auf der Reise zum Jupiter menschliches, genauer neurotisches Verhalten entwickelt.

Erweiterte Menschen

Cyborgs (cybernetic organism) sind Menschen, die sich technisch durch künstliche Körperteile oder Implantate verändern lassen. Einige Visionäre sehen in der Technisierung des Körpers einen nächsten Schritt in der Evolution, um sich neuen Umweltbedingungen anzupassen: „Unsere Körper und Gehirne beschränken unsere Kapazitäten“, so der Transhumanist Max More bereits 1996 [3]. Zahlreiche Mikrochips sind bereits als Implantate verfügbar, unumstritten in der Medizin, etwa als Herzschrittmacher oder Retina-Implantate. Manche Menschen lassen sich einen Chip in die Hand einsetzen, mit dem sie dann automatisch die Garagentür öffnen.

Die Forschung geht schon weiter in Richtung Hirnimplantate für das Neuro-Enhancement. Sie sollen zum Beispiel Lernen und Gedächtnis verbessern, indem bestimmte Hirnareale stimuliert werden. Noch weiter reichen Versuche mit informations- und kommunikationstechnischen Chips (ICT). Sie verbinden das Gehirn direkt mit dem Smartphone. Diese außertherapeutischen Ansätze werden ethisch kritisiert und sind sicher ein künftiges Thema für die Technikfolgenabschätzung.

Der Kontrast zwischen Organisch-Natürlichem und Technisch-Artifiziellem hat die Menschen schon immer fasziniert, teils als Versöhnung von Natur und Technik, teils als Bruch mit der biologischen Natur.

Links und Literatur zum Beitrag.

[1] Giger, Hans Rudolf (2018): HR Giger 1940–2014. Köln: Taschen.

[2] Dörner, Dietrich (2001): Bauplan für eine Seele. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

[3] More, Max (17. Juli 1996): Vom biologischen Menschen zum posthumanen Wesen. In Telepolis, https://www.heise.de/tp/features/Vom-biologischen-Menschen-zum-posthumanen-Wesen-3563295.html

Zum Schluss