Auf engem Raum

Text: Steffen-Peter Ballstaedt

Die Technische Kommunikation ist historisch in eine breite kulturelle Tradition eingebettet mit Bezügen zu Philosophie, Handwerk, Kunst und Wissenschaft. Heute: Small Displays.

Inhaltsübersicht

Lesedauer: 02:43 Minuten

Kleine Displays sind weit verbreitet. Zum einen werden Smartphones als mobile Endgeräte für Technische Dokumentation genutzt. Zum anderen sind viele Produkte mit einem Display versehen, das eine Möglichkeit für produktintegrierte Dokumentation eröffnet. So kann man auf Nähmaschinen der Firma BERNINA über einen Touchscreen Hilfen zu einzelnen Funktionen (Tooltipps, zum Beispiel zum Abmessen) und Handlungsanweisungen (Tutorials, zum Beispiel zum Einbau einer neuen Nadel) abrufen (Abb. 01).

Einstellungen und Anleitungen erfolgen über das Display an der Nähmaschine.

Abb. 01 Touchscreen einer Nähmaschine; über einen kleinen Farbbildschirm werden Einstellungen eingegeben und Handlungen eingeleitet. Quelle Bernina International AG

Das KISS-Prinzip

Die Gestaltung kleiner Bildschirme mit Text und interaktiven bzw. animierten Bildern bedeutet eine radikale Abkehr von einer printorientierten Seitendarstellung. Um eine Dokumentation für kleine Displays zu optimieren, müssen der Textanteil und der Bildanteil angepasst werden. Kleine Bildschirme erzwingen eine Reduktion auf das Wesentliche und damit einen radikalen Minimalismus nach dem KISS-Prinzip: Keep it short and simple! [1]. Dabei sind unterschiedliche Display-Größen, Auflösungen und Pixeldichten zu berücksichtigen. Zudem kann ein Smartphone vertikal oder horizontal gehalten werden (Porträt oder Landscape).

Dynamische Texte

Beim Text bereiten Überschriften, Beschriftungen und einfache Anweisungen noch kein Problem, für unvermeidbare längere Texte müssen außer Scrollen neue Formen der Präsentation gefunden werden. Bei der „Rapid Serial Visual Presentation“ wird der Text in einem kleinen Lesebereich wortweise in einer individuell regulierbaren Geschwindigkeit abgespielt. Da sich bei dieser Art des Lesens die Augen nicht bewegen, lassen sich erstaunliche Lesegeschwindigkeiten erreichen. Bei dieser Textpräsentation entfällt ein Layout, und sie ist perfekt für kleine Displays. Allerdings ist diese Art des Lesens zunächst sehr ungewohnt. Wer sie sich einmal anschauen möchte, findet eine Demonstration auf YouTube [2].

Eine zweite Möglichkeit der Textanimation ist der „Akkordeon-Effekt“. Dabei sind Textteile, zum Beispiel die Überschrift oder ein Satz, mit der Markierung „+“ versehen. Wer den vollen Text lesen will, kann durch einen Klick weitere Textteile ausklappen. So sind immer nur die benötigten Informationen sichtbar. Bei diesen Formen interaktiver Texte wird beim Lesen allerdings das Kurzzeitgedächtnis sehr gefordert [3].

Übersichtliche Bildchen

Außer detailreichen Fotos eignen sich für kleine Displays alle Bildtypen. Wichtiger ist, dass jede unnötige Komponente, jede überflüssige Linie weggelassen wird. Angestrebt wird die optimale Komplexität für die jeweilige visuelle Botschaft. Auffällig ist, dass vier Automobilhersteller in ihrer Mobilen Dokumentation Texturbilder einsetzen. Auch Schemabilder sind geeignet. Ein Beispiel sind die schematisierten Karten von Navigationsgeräten. Es gelten die bekannten Prinzipen einer eindeutigen visuellen Organisation: eine klare Figur-Grund-Gliederung, ein dunkler und wenig gesättigter Hintergrund und ein heller und gesättigter Vordergrund, leicht unterscheidbare Farben und starke Farbkontraste [4].

Intuitive Navigation

Das Design muss für einen Touchscreen optimiert werden. Interaktive Flächen – Wörter oder Icons – müssen sich eindeutig als solche erkennen lassen. Icons müssen selbsterklärend sein und möglichst auf bekannte Symbole zurückgreifen. Interaktive Flächen dürfen für die Finger nicht zu klein ausfallen („Wurstfingerproblem“). Zum Scrollen, Vergrößern und Verkleinern (Zoomen) sind präzise Fingergesten nötig. Bisher gibt es wenige Untersuchungen zur Optimierung der Benutzeroberfläche bei Small Displays, hier besteht noch dringender Forschungsbedarf. Ein Problem stellt die Barrierefreiheit dar. Denn die Handhabung einer Mobilen Dokumentation setzt eine gute Feinmotorik voraus. 

Links und Literatur zum Beitrag

[1] Zwick, Carola/Schmitz, Burkhard/Kühl, Kerstin (2005): Designing for Small Screens: Mobile phones, Smart phones, PDAs, Pocket PCs, Navigation Systems, MP3 players, Game consoles; AVA Lausanne: Publishing SA.

[2] https://www.youtube.com/watch?v=7i9fZvWyLfI

[3] Nielsen, Jakob/Budiu, Raluca (2013): Mobile Usability für iPhone, iPad, Android, Kindl. Frechen: Mitp-Verlag.

[4] Motz, Lisa (2014): Mobile Images. Literaturanalyse zur Ausarbeitung eines Kriterienkatalogs für die Gestaltung und Bereitstellung von technischen Bildern auf Smartphone-Displays. Krems: Unveröffentlichte Master-Thesis.

Anleitung auf einem kleinen Display.