Was ist ein Wort? Häufig lautet die Antwort, dass Wörter Sachen, Vorgänge oder Eigenschaften bezeichnen. Allerdings ist das Ganze nicht so einfach, wie die Erklärung nahelegt. Bestimmt haben Sie sich bereits mit den Grundlagen der Terminologie beschäftigt. Dann wissen Sie sicher, dass Wörter nicht Sachen bezeichnen, sondern Konzepte, die wir uns von den Sachen, Tätigkeiten oder auch Eigenschaften bilden. In der Terminologie wird diese Tatsache normalerweise mit der Unterscheidung zwischen „Benennung“ und „Begriff“ gefasst. Die Benennung ist dabei das Wort (oder auch eine Abkürzung oder eine Phrase, also eine Wortgruppe). Der Begriff ist das Konzept, das wir mit dem Wort auszudrücken versuchen.
Warum ist das wichtig? Wir gehen oft davon aus, dass Wörter eine bestimmte, genau festgelegte Bedeutung haben. Das ist aus zwei Gründen nicht korrekt: Zum einen überschneiden sich die Bedeutungen von Wörtern in vielen Fällen. Und zum anderen ist der Bedeutungsinhalt von Wörtern deutlich komplexer organisiert, als man das im ersten Moment vermutet.
Kerne und Komponenten
Bei Wörtern gibt es zunächst einmal einen festen semantischen Kern, der für die Bedeutung bestimmend ist. In der Linguistik bezeichnet man das als Denotat. Nehmen wir das Wort „Mutter“. Der Begriff enthält die Bedeutungskomponenten, dass das (oder besser die) Bezeichnete weiblich ist und mindestens ein Kind hat oder hatte. Der Begriff legt streng genommen nicht fest, ob die Bezeichnete die leibliche Mutter ist oder ob das Kind noch lebt. Hier kommen wir in den Bereich des Konnotats. Dies sind Bedeutungskomponenten, die nicht zum unverzichtbaren Kern eines Begriffs gehören, im Normalfall aber doch mitgemeint sind. Der Bezug kann relativ eng sein, wie bei „leibliches Kind“, aber auch weiter gefasst und eher in den Bereich der Assoziation gehen. Ein Beispiel dafür wäre „liebevoll“, was viele mit dem Begriff „Mutter“ verbinden dürften. Manche Theorien rechnen auch individuelle Assoziationen mit zum Konnotat, also Begriffskomponenten, die nur einzelne Sprecher mit einem Wort verbinden. Ein Beispiel wäre, wenn jemand mit dem Begriff „Mutter“ automatisch den Geruch von Plätzchen assoziiert.
In der Terminologiearbeit kann dieser Unterschied zwischen Konnotat und Denotat durchaus Probleme verursachen. Oft gibt es Diskussionen, was eigentlich zum unverzichtbaren Bedeutungskern eines Begriffs gehört und was zu den zusätzlichen Merkmalen, die im Allgemeinen vorhanden sind, aber nicht notwendig. Welche Bedeutungsmerkmale unverzichtbar sind, lässt sich aber oft nicht so genau sagen. Ist ein Tiger „ein großes, katzenartiges Raubtier Ostasiens von rötlich-gelber bis rostroter Färbung mit schwarzbraunen bis schwarzen Streifen und weißer Unterseite und Innenseite der Beine“? [1] Die Definition klingt im ersten Moment einleuchtend. Allerdings müsste man bei dieser Definition strenggenommen festhalten, dass ein Albino-Tiger kein Tiger ist.
Was nützt das?
Sie sehen, wenn man genau darüber nachdenkt, dann wird es schwierig. Was man für unverzichtbar hält, was man als normal und was als Abweichung versteht, das ist oft auch eine Frage des Blickwinkels.
Hier liegt aber auch eine große Chance für die Terminologiearbeit. Denn oft drehen sich teils erbitterte Diskussionen darum, wer mit seinem Definitionsversuch Recht hat. Darauf gibt es aber in vielen Fällen keine definitive Antwort, weil jede Definition aus ihrer Perspektive wichtige Aspekte fasst und andere ausblendet.
Am deutlichsten merkt man das, wenn für denselben Begriff relevante Normen aus unterschiedlichen Bereichen oder Berufsfeldern vorliegen. Dann können sich diese Begriffe auch widersprechen. Sinnvoller als eine unproduktive Diskussion darüber, wer mit seiner Definition und mit seinem Fach Recht hat, ist deshalb eine andere Frage: „Welche Definition hilft den Bedürfnissen des eigenen Unternehmens am besten weiter?“ Das heißt auch, dass man diese Bedürfnisse kennen und ernst nehmen muss. Darüber hinausgehende Fragen der reinen Wahrheit kann man dann aber getrost ausblenden. Denn Bedeutungskomponenten sind komplex und nur selten sind wir im Besitz der absoluten Wahrheit.