Bausteine und Vorgehen

Text: Tilo Ried

Das Entwickeln einer Strategie sollte längst die Chefetagen verlassen haben. Jeder Mitarbeiter ist angehalten, strategisch mitzudenken und an Maßnahmen und Zielen mitzuwirken. Die Praxis sieht oft anders aus, zumal längst nicht immer klar ist, was eine Strategie überhaupt ausmacht.

Inhaltsübersicht

Lesedauer: 12:36 Minuten

Strategie ist ein weites Feld und ein Begriff mit zahllosen Verwendungen. Auch im Umfeld der Technischen Kommunikation taucht Strategie in vielfältigen Zusammenhängen regelmäßig auf. Ob es um Personalstrategie, Make-or-buy-Strategie, IT-Strategie oder um die Umsetzung der Unternehmensstrategie im eigenen Bereich geht – immer wird Strategie als hilfreich für Effizienz, Effektivität und Erfolg vorausgesetzt und verwendet. Aber spätestens wenn man selbst vor der Aufgabe steht, eine Strategie erarbeiten und umsetzen zu müssen, wird deutlich, dass ein klares Verständnis davon notwendig ist.

In diesem Beitrag wird eine pragmatische Vorgehensweise vorgestellt. Sie hilft, die Untiefen unklarer begrifflicher Definition zu umgehen. Gleichzeitig steht sie für bekannte Schulen der Strategieentwicklung und -umsetzung. Als Beispiel dient die Content-Strategie, eine der bekannten Spielarten mit Strategiebezügen zur Technischen Dokumentation. Anhand der Content-Strategie wird deutlich, wie sich die Überlegungen in der Praxis einsetzen lassen.

Eine Definition von Strategie

Die Vielfalt an Büchern und Veröffentlichungen zum Thema Strategie macht es nicht leicht, einen produktiven Einstieg in die Begriffsklärung zu finden [1]. Mit Bezug zur Strategiearbeit in Unternehmen wird oft an prominenter Stelle der Vorschlag „Five Ps for Strategy“ von Henry Mintzberg genannt [2]. Dabei ist besonders das erste P, die Konzentration auf die Planung einer Strategie hilfreich. Die weiteren vier Ps stehen für Pattern, Position, Perspective und Ploy. Inhaltlich wird damit das oft unbewusste strategische Entscheidungsmuster der Vergangenheit (Pattern), die Position im Markt, das Agieren der Organisation als Ganzes (Perspective) und der Aspekt einer strategischen List oder eines Tricks gemeint (Ploy).

Bei Plan steht die Frage im Mittelpunkt, wie man vom Ist zum Soll kommt. Das heißt, welche Aktivitäten können den aktuellen Zustand in einen anderen, in der Zukunft liegenden Zustand transformieren. Die Frage lautet: Was tun? Folgt man diesem Ansatz, erhält die eigene Strategiearbeit automatisch ein hohes Maß an Praxis­orientierung. Damit stellt die Orientierung an der Planung einer Veränderung die Grundlage für weitere Überlegungen dar. Über die konkrete Vorgehensweise, um eine Strategie zu erarbeiten, sagt die Fokussierung auf die Planung der Veränderung wenig aus. Die Frage ist also: Wie ist es zu tun? Welche Einzelschritte führen zu einer leistungsfähigen Strategie, was ist zu analysieren und zu definieren, um bei der Umsetzung sicher und effizient vom Ist zum Soll zu kommen?

Konkrete Hinweise dazu nennt eine der vielen Schulen der Strategiearbeit: die „Design School“ [3]. Dort wird eine Vorgehensweise umrissen, bei der sowohl die Außen- als auch die Innensicht analysiert und hinsichtlich Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken zu qualifizieren ist. Die bekannte SWAT-Analyse drückt diese Vorgehensweise aus. Im Folgenden werden die Bausteine für ein Strategie- und Vorgehensmodell mit der generellen Ausrichtung Plan mit klarem Bezug zur Design School vorgestellt. Beide sind für den Bereich der Technischen Kommunikation passend und für die Erstellung und Umsetzung einer Content-Strategie geeignet.

Modell für Strategie und Vorgehen

Erfolgreiche Strategiearbeit setzt ein explizites Strategiemodell auf Basis geklärter Begriffe und bewusst gewählter „Wahlverwandtschaft“ voraus. Das Modell muss für die praktische Strategiearbeit im Unternehmensumfeld geeignet sein, sich gut vermitteln und schnell anwenden lassen. Das heißt, die Bausteine, aus denen eine Strategie besteht, sind zu klären, und die Vorgehensweise, um eine Strategie zu erarbeiten, umzusetzen und zu managen.

Erarbeiten eines Ziels

Keine Strategie ohne Ziele – daher lohnt es sich nicht, über eine Strategie zu sprechen, wenn die Ziele nicht geklärt sind, die mit ihr verfolgt werden. Ziele sind im Idealfall SMART definiert, das heißt, spezifisch, messbar, akzeptiert, realisierbar und mit einem Termin versehen. Das ist bei einfachen Zielen gut zu erreichen, generelle oder übergeordnete Ziele können aber entsprechend sperrig sein und müssen über einen anderen Ansatz geordnet und beschrieben werden.

Eine Terminierung der Zielerreichung ist aber auf jeden Fall sehr wichtig. Die gesamte mittelfristige Umsetzung von Maßnahmen einer Strategie steht und fällt mit dieser Terminierung. Ziele einer Content-Strategie können zum Beispiel sein, die Übersetzungskosten um 20 Prozent zu senken (einfaches Ziel) oder die Zugriffsbarrieren für den Endkunden wesentlich zu senken (komplexes Ziel). Weitere Ziele einer Content-Strategie könnten sein, für eine verlässliche Suchfunktion zu sorgen oder Papier einzusparen.

Ziele können in der Regel hierarchisiert werden. Das heißt, es können übergeordnete und untergeordnete Ziele unterschieden und in Beziehung gesetzt werden. Abteilungsziele der Technischen Redaktion lassen sich von Unternehmenszielen hierarchisch ableiten. Eine generelle Qualitätsstrategie des Unternehmens kann sich dann konkret auf die Content-Strategie der Redaktion auswirken.

Außerdem lassen sich Ziele zueinander in weitere Beziehungen setzen. Sie stehen nicht alleine für sich, sondern sind im Verbund zu bewerten. So können Ziele ein­ander unterstützen, die Zielerreichung ist nur in einer definierten Reihenfolge sinnvoll oder einzelne Ziele widersprechen sich und müssen daher weiter geklärt werden.

Eine Qualifizierung der einzelnen Ziele erhöht wesentlich den Wert der Festlegungen. So zeigt zum Beispiel eine Zuordnung der Ziele zu den Aspekten Zeit, Kosten oder Qualität, in welche Hauptrichtung eine Strategie wirksam ist. Weitere Zieleigenschaften sind Realisierungszeitraum, Risiko hinsichtlich Zielerreichung oder Bezug und Wirkung auf die vorgegebenen Unternehmensziele.

Sind die Ziele bearbeitet, muss am Ende mindestens eine strukturierte Liste vorliegen, aus der die einzelnen Ziele hervorgehen und in der sie qualifiziert beschrieben sind. Oder es wird ein komplexeres Zielmodell erarbeitet, bei dem einzelne Zielkarten zueinander in Beziehung gesetzt werden und als Zieldiagramm visuell greifbar werden (Abb. 01).

Auch im Umfeld einer Content-Strategie lässt sich beobachten, dass Ziele mit Maßnahmen verwechselt werden. Die Einführung eines Redaktionssystems stellt in der Regel kein Ziel an sich dar. Auch die Standardisierung von Content oder die Nutzung formatunabhängiger Datenformate wie XML sind keine Ziele, sondern konkrete Maßnahmen. Ein Ziel ermöglicht immer die Beantwortung der Frage, warum eine Maßnahme durchgeführt werden soll.

Zieldiagram

Abb. 01 Gegenläufige Ziele in der Technischen Redaktion, dargestellt in einem Zieldiagramm. Quelle Tilo Ried

Analyse der Ist-Situation

Auf Basis festgelegter Ziele wäre es nun möglich, sofort mit der Definition geeigneter Maßnahmen zur Zielerreichung zu beginnen. Aber wie können die richtigen Ziele mit geeigneten Mitteln erreicht werden?

Auch wenn dieses direkte Vorgehen schnelle Ergebnisse verspricht, lohnt es sich auf jeden Fall zu prüfen, ob eine sichere Beurteilung der aktuellen Ausgangssituation vorhanden ist. Die für die Erreichung der strategischen Ziele definierten Maßnahmen sollen ja die Ist-Situation in eine gewünschte Soll-Situation überführen. Ist die Ist-Situation nicht bekannt oder wurde sie nicht ausreichend bewertet, kommt es schnell zu Fehlern. Fordert zum Beispiel das strategische Ziel einer Content-Strategie eine Erhöhung der Wiederverwendung auf 60 Prozent, dann hängen geeignete Maßnahmen von der aktuell erreichten Wiederverwendung und der entsprechenden Systemunterstützung ab. Diese Aspekte sind also vorab abzuklären. Außerdem ist zu analysieren, wie die aktuelle Wiederverwendungsrate zustande kommt. Erst dann ist es möglich, die passenden Maßnahmen zu definieren, um das Ziel zu erreichen.

Mit Bezug auf die Content-Strategie ist nun zu fragen, welche Methoden geeignet sind, um die Ist-Situation sicher bewerten zu können. Dabei fällt auf, dass bekannte und generische Methoden wie SWAT-Analyse oder Stärken-Schwächen-Analyse weit verbreitet sind. Was ihre Ausrichtung betrifft, stammen sie aber aus dem Feld der Wettbewerbsstrategie und gehen damit leicht am Ziel einer Content-Strategie vorbei.

Passt man jedoch die Bewertungsaspekte speziell an den Bereich Content-Strategie an, verfügt eine Technische Redaktion über eine geeignete Methode. Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken sind gegen die Position von Mitbewerbern zu analysieren, außerdem gegen Bewertungsmaßstäbe wie Verständlichkeit, Rechtssicherheit, Übersetzbarkeit oder Zugreifbarkeit. Der Schritt, eine generische Methode an die Erfordernisse einer Content-Strategie anzupassen, gilt gleichermaßen für Kosten-Nutzen-Analyse, Wert-Aufwand-Matrix, Five-Forces-Analyse oder auch PEST-Analyse.

Da Content immer in Verbindung mit seiner Erstellung zu bewerten ist, sind Methoden wie Geschäftsprozessanalyse oder IT- bzw. Systemanalyse gleichermaßen geeignet, um Klarheit in die Fragen nach der Ist-Situation zu bringen (Abb. 02).

Ausschnitt aus einem Diagramm

Abb. 02 Ausschnitt aus einem spezifischen Stärken-Schwächen-Diagramm einer Technischen Redaktion. Quelle Tilo Ried

Überprüfen der Ziele

Nach der Beschreibung der Ist-Situation folgt als Zwischenschritt die Überprüfung der Ziele. Eine genaue Analyse der Ist-Situation kann die vorher festgelegten Ziele direkt beeinflussen. An dieser Stelle ist eine iterative Neubewertung erfahrungsgemäß genau das Richtige.

Sind zum Beispiel bei der aktuellen Vorgehensweise zur Erstellung der Inhalte der Betriebsanleitungen schon jetzt keine wesentlichen Kosteneinsparungen erkennbar, ist das Ziel einer Einsparung von 60 Prozent nicht mehr haltbar. Eine Anpassung führt dazu, dass keine unrealistischen Ziele verfolgt werden. Auch steigt die Akzeptanz der Beteiligten gegenüber der Gesamtstrategie, wenn keine unglaubwürdigen Ziele verfolgt werden müssen.

Beschreiben der Soll-Situation

Was bedeutet Soll-Situation, wenn nicht die Summe der Ergebnisse bei Zielerreichung? Auf die Problematik wurde bereits hingewiesen, dass nicht alle Ziele direkt SMART definiert und beschrieben werden können. Der Vorschlag, eine generelle Beschreibung der zukünftigen Soll-Situation auszuarbeiten, hilft beim Lösen dieser Problematik.

Die englische Sprache unterscheidet zwischen Goal und Target. Bei Target wird in der Regel eine Messbarkeit des Ergebnisses vorausgesetzt. Es handelt sich um ein Ziel, das SMART beschrieben werden kann. Goal hingegen steht für weiter gefasste Ziele, die sich gegen eine detaillierte Beschreibung sperren, aber für die Strategieausrichtung ­einen Wert haben können. Eine aussagekräftige Beschreibung einer Soll-Situation entspricht also einem definierten Goal.

Methodisch kann dies durch ein strategisches Zielbild umgesetzt werden. Im Fall ­einer Content-Strategie zeigt ein Zielbild zum Beispiel die Auswirkungen auf die Organisation, das Systemumfeld und die Kompetenzen bei erfolgreicher Umsetzung. Ist es möglich, die genannten Aspekte im Zielbild auf einer Seite verständlich darzustellen, ist gleichzeitig sichergestellt, dass die Soll-Situation durchdacht und verstanden wurde.

Ausarbeiten von Maßnahmen

Um vom Ist zum Soll zu gelangen, ist die Definition und Realisierung von Maßnahmen notwendig. Eine erfolgreich erarbeitete Strategie ist an der Vielzahl definierter und qualifizierter Einzelmaßnahmen erkennbar. Für jede Maßnahme muss erkennbar sein, welches Ziel mit welchem Aufwand damit erreicht werden kann. An dieser Stelle wird die Frage beantwortet, warum ein Redaktionssystem eine geeignete Maßnahme der Content-Strategie darstellt und warum die Inhalte standardisiert und strukturiert werden sollen. Viele Maßnahmen lassen sich bei der täglichen Arbeit Schritt für Schritt umsetzen. Die Einführung einer direkten Anrede mit „Sie“ in der Betriebsanleitung kann sofort im Redaktionsleitfaden definiert und am nächsten Tag in der Redaktion angewendet werden.

Sind in der Content-Strategie aber weitreichendere Ziele festgelegt, zum Beispiel Kosteneinsparungen durch systemgestützte Wiederverwendung im Redaktionssystem, dann ist die Definition von Projekten notwendig. Die Definition ermöglicht, direkt mit Bezug auf die Ziele der Strategie konkrete Ergebnisse zu erreichen. Ein typisches Projekt wäre dann die Auswahl und Einführung eines Content-Management-Systems.

Es ist sinnvoll, eine Vielzahl an Einzelprojekten zu einem oder mehreren Programmen zusammenzufassen und gemeinsam zu managen. Setzt also eine Content-Strategie an mehreren Bereichen zur Verbesserung der Ist-Situation an, können die dafür definierten Einzelprojekte zum Beispiel im Programm „Dokumentation 4.0“ organisiert und kommuniziert werden.

Faktoren für den Erfolg

Neben der begrifflichen Klärung hilft es, vorab die Erwartungen an eine Strategie klar zu formulieren. Erst wenn die mögliche Wirkung einer Strategie sicher beurteilt werden kann, lassen sich falsche Hoffnungen oder überzogene Heilserwartungen vorab ausschließen. Das aussagekräftige Ziel­modell verhindert nebenbei das beschriebene Problem. Gleichzeitig ist wichtig, die Nachteile einer ausgearbeiteten Strategie zu verstehen und ihre Auswirkungen durch bewusstes Handeln zu verringern.

Strategie als Entlastung

Eine der deutlichsten Eigenschaften einer Strategie ist ihre entlastende Wirkung. Für die Belegschaft eines ganzen Unternehmens bis hin zu den einzelnen Beschäftigten einer Abteilung wie der Technischen Redaktion bekommt die tägliche Arbeit eine ganzheitliche Richtung. Das eigene Handeln muss nicht mehr permanent überprüft und neu ausgerichtet werden. Die Strategie gibt klare Handlungs- und Entscheidungsgrenzen vor und macht damit eigenes Handeln effizient.

Eine schlüssige Content-Strategie, die zum Beispiel eine klare Fokussierung auf ein hohes Maß an Zielgruppenorientierung legt (= Ziel), erleichtert es der Technischen Redaktion gegenüber dem Produktmanagement zu argumentieren. Dabei kann es sich um mögliche Inhalte in den erstellten Informationsprodukten drehen. Die Entscheidung, was in der Technischen Dokumentation stehen darf und was nicht, lässt sich mit Hinweis auf die gültige Content-Strategie unterstützen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass bei der Strategieumsetzung eine Zielgruppendefinition erstellt und beschrieben wurde.

Strategie als Belastung

Oft wird bei einer wirksamen Strategie der Scheuklappeneffekt übersehen. Dieser ist mit der Entlastungsfunktion einer Strategie fest verbunden. In gleichem Maße wie eine Strategie Einzelentscheidungen überflüssig macht und von der täglichen Überprüfung des eigenen Handelns befreit, besteht die Gefahr, dass die falschen Ziele im Rahmen einer nicht mehr hinterfragten Strategie umgesetzt werden. Richtige Maßnahmen, aber für die falschen Ziele umgesetzt, sind eben auch nicht hilfreich. Die Organisation geht damit effizient in die falsche Richtung.

Dieser Nachteil verlangt, die Strategie kritisch zu hinterfragen. Insbesondere, ob festgelegte Ziele vor dem Hintergrund der aktuellen, eventuell veränderten Außen- oder Innenbedingungen noch passen.

So kann die Entscheidung, im Rahmen der Content-Strategie auch Online-Hilfen zu realisieren, überflüssig sein, wenn die Zielgruppe anstatt einer Online-Hilfe längst eine Suchmaschine im Internet verwendet. Flexibilität bietet hier eine Menge Spielraum im Vergleich zu einer Strategie, die schlecht gemanagt ist. Oder kurz gesagt: besser keine Strategie als die falsche.

Von oben oder von unten

Die Strategie als Thema von Bereichs- und Unternehmensführung wirft die Frage auf: Wer soll an der Erarbeitung beteiligt werden? Aus Sicht der Mitarbeiter stellt sich Strategie häufig als Konstrukt von oben dar. Ein fehlender oder gar widersprüchlicher Bezug zur eigenen Arbeitswirklichkeit beeinträchtigt Verständnis und Motivation, die Strategie umzusetzen.

In vielen Unternehmen bleibt die Forderung ungehört oder ist schwer umsetzbar, die Betroffenen an der Erarbeitung der Strategie zu beteiligen [4]. Strategiearbeit, wie sie innerhalb eines Fachbereichs der Technischen Redaktion stattfindet, bietet dagegen einfachere Möglichkeiten, dass Mitarbeiter sich beteiligen, validieren und optimieren.

Ergebnisse, wie sie für die Definition der Ziele, der Beschreibung der Ist- und Soll-Situation und der Maßnahmen notwendig sind, lassen sich in Workshops gemeinsam erarbeiten und bewerten. Gerade für eine Content-Strategie gilt, dass der Experte den Arbeitsalltag kennt und daher beteiligt werden muss.

Setzen von Schwerpunkten

Baut die Strategiearbeit im Unternehmen oder im eigenen Fachbereich auf dem beschriebenen Strategiemodell auf, bietet es sich an, die Priorisierung von Maßnahmen und Projekten davon abhängig zu machen, wie sich Ziele erreichen lassen.

Immer wenn die Anzahl geeigneter Maßnahmen oder Projekte die finanziellen Mittel oder die verfügbare Zeit übersteigt, ist eine Priorisierung notwendig. Jetzt zeigt sich die Leistungsfähigkeit des vorgestellten Strategiemodells. Da zu jeder Maßnahme die Beziehung zu einem oder mehreren Zielen geklärt wurde, kann eine Gewichtung dieser Beziehung automatisch die Priorisierung der Maßnahmen und Projekte leisten.

Die Entscheidung für oder gegen ein Content-Management-System kann dann über den möglichen Einfluss des Systems auf die strategisch definierten Ziele bewertet und getroffen werden. Sind die Kosten für das neue System hoch, wovon auszugehen ist, die Unterstützung der strategischen Ziele aber schwach, ist eine Entscheidung gegen das System begründet. In der Content-Strategie spielt es dann als mögliche Maßnahme keine Rolle mehr.

Managen und Prüfen

Eine erarbeitete Strategie benötigt ein wirksames Management. Der bereits genannte Scheuklappeneffekt zeigt, dass eine sich selbst überlassene Strategie mehr schaden als nutzen kann. Zum Management gehört, die Gültigkeit der Festlegungen zu prüfen. An erster Stelle steht dabei die Überwachung des eigenen Verständnisses der Ist-Situation. Sie beeinflusst maßgeblich die Erarbeitung von Maßnahmen, um ein Ziel zu erreichen. Stimmt die Innensicht noch mit der aktuellen Realität in der Abteilung überein? Hat sich die Außensicht wesentlich geändert und erfordert eine Neuausrichtung der Ziele und Maßnahmen? Werden die in hoher Qualität erstellten Dokumente vom Anwender noch genutzt? Stehen andere Informationsquellen zur Verfügung? Führt eine einfache Internetsuche schneller zum Ziel als die eigene Online-Hilfe?

Überwachen der Wirksamkeit

Die Überwachung der Wirksamkeit stellt sicher, dass die Strategie immer noch zu den Anforderungen des Marktes und zum Unternehmen passt. Dazu gehören Fragen wie:

  • Werden die Ziele der Strategie wie geplant erreicht?
  • Tragen definierte und geplante Maßnahmen dazu bei, die Ziele zu erreichen?
  • Verläuft die Umsetzung der definierten Projekte und Programme nach Plan?

Abweichungen bei der Zielerreichung sind in jedem Fall Grund für eine Überprüfung der definierten Maßnahmen und Projekte.

Anpassen der Strategie

Auch wenn eine Anpassung nötig ist, zeigt sich die Leistungsfähigkeit des Strategie- und Vorgehensmodells. Alle Bausteine sind vorhanden, die erarbeiteten Inhalte der Content-Strategie können Stück für Stück neu bewertet und wenn nötig angepasst oder verworfen werden. Eine vorhandene Strategie kann also leicht durch Änderungen der Bewertung der Ist-Situation, des Ziel­modells und der strategischen Maßnahmen und Projekte weiterentwickelt werden.

Von der Strategie zum Werkzeug

Erfolgreiche Strategiearbeit erfordert geklärte Begriffe. Was genau umfasst der Strategiebegriff, aus welchen Bausteinen ist ­eine Strategie aufgebaut und wie genau wird die Strategie erarbeitet, gemanagt und angepasst? Scheut man diese Mühe nicht, verfügt man im Fachbereich wie im Unternehmen über ein leistungsfähiges Strategiemodell und die richtige Vorgehensweise, um die richtigen Ziele mit den richtigen Maßnahmen zu erreichen. Eine Content-Strategie wird dann zu einer Strategie von vielen und zum täglich verwendeten Werkzeug in ­einer Redaktion (Abb. 03).

Gesamtmodell

Abb. 03 Gesamtmodell Strategiearbeit. Quelle Tilo Ried

Die Checkliste (Inf. 01) zeigt, dass der Weg zur wirksamen Strategiearbeit kürzer sein kann als gedacht.

Checkliste für Strategie

 
  •  Begriffe, Bausteine und Prozess der Strategiearbeit klären
  • Ziele erarbeiten
  • Ist-Situation mit Innensicht und Außensicht bewerten
  • Soll-Situation beschreiben
  • Maßnahmen definieren und umsetzen
  • Strategie managen und weiterentwickeln

Inf. 01 Quelle Tilo Ried

Links und Literatur zum Beitrag

[1] Mintzberg Henry, Ahlstrand Bruce, Lampel Joseph (2009): Strategy Safari. Your complete Guide through the Wilds of Strategic Management. FT Prentic Hall, second edition.

[2] Henry Mintzberg (1987): The Strategy Concept 1: Five Ps For Strategy”. In California Management Review, Vol. 30, 1, Fall 1987, pp. 11–24.

[3] Porter, Micheal E. (1980): Competitive Strategy: Techniques for Analyzing Industries and Competitors. New York: Free Press.

[4] https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2017/strategie/werdet-wuetend

Bausteine und Vorgehen