Videos richtig lokalisieren

Text: Nadja Golbow Isabel Schneider

Produkte erklären, Schulungen unterstützen oder Leistungen präsentieren – die Gründe für den Einsatz von Videos sind ganz unterschiedlich. Ebenso die Sprachen und Zielmärkte, in denen sie gezeigt werden. Was ist bei der Lokalisierung von Videos zu bedenken?

Inhaltsübersicht

Lesedauer: 13:11 Minuten

Videos haben den übrigen Medien den Rang abgelaufen. So erreichen in den sozialen Netzwerken bewegte Bilder mehr Nutzer als andere Posts. Videos sind nicht mehr wegzudenken, ganz gleich ob in der externen oder internen Kommunikation, als Schulungs- oder Unterhaltungsmedium. Laut des „Slator 2018 Media Localization Report“ ist bei der audiovisuellen Lokalisierung innerhalb der nächsten drei Jahre mit einer Wachstumsrate von 13 Prozent zu rechnen.

Bereits bei der Konzeption sollte der gedankliche Einstieg in die Lokalisierung des Videos passieren:

  • Wer soll das Video sehen?
  • Gibt es Vorgaben zur Barrierefreiheit?
  • Auf welcher Plattform soll das Video veröffentlicht werden?
  • Welche Zielmärkte möchte das Unternehmen erreichen?
  • Wie soll es das Publikum erreichen – mit Untertiteln oder mit dem Ton in der Zielsprache?
  • Und nicht zuletzt: Sind alle Dateien vorhanden und reicht das Budget, um die gewünschte Lokalisierungsvariante umzusetzen?

Prinzipiell sind Untertitel die günstigste Möglichkeit, gesprochene Inhalte in Fremdsprachen, aber auch Menschen mit einer Hörbehinderung zur Verfügung zu stellen. Doch nicht jedes Video lässt sich untertiteln. Bereits zu viele Texteinblendungen machen Untertitel unmöglich. Doch nehmen wir zunächst das Medium „Video“ selbst unter die Lupe.

Originale trennen

Ein Video besteht aus mehreren Einzelelementen, zum Beispiel aus Kameraaufnahmen. Bewegte Bilder können aber auch Animationen oder ein Screencast sein. Letzterer ist ein komplexer Sonderfall, auf den wir am Ende genauer eingehen.

Auf dem Bewegtbild sitzen meistens Ton und Texteinblendungen und vielleicht Musik. Soll das Video in unterschiedlichen Märkten gezeigt werden, muss man all diese Einzelelemente beachten. Sind die Texteinblendungen und der O-Ton zu lokalisieren, müssen beide Elemente neben dem reinen Film auch als Einzeldateien zur Verfügung stehen. Diese Anforderung wird bei der Lokalisierung häufig vergessen. Manchmal bleiben die Masterfilme mit allen Einzeldateien bei der Agentur, die den Film erstellt hat. Der Auftraggeber hat am Ende nur eine niedrig auflösende Gesamtdatei. Für die Lokalisierung ist sie allerdings nicht geeignet. Liegen Master, Musik, O-Ton und Texteinblendungen nicht separat vor, können wir die einzelnen Elemente auch nicht mit den zielsprachigen Versionen austauschen bzw. nur im Einzelfall – und nicht immer mit schönen Ergebnissen. Dazu ein simples Beispiel: Steht man in der Küche und sucht sich die einzelnen Zutaten für einen Kuchen zusammen, lassen sich die Ingredienzien noch problemlos austauschen und bearbeiten. Sind sie jedoch einmal zusammengemischt und zu einem Teig verarbeitet, können sie nicht mehr herausgefiltert und ersetzt werden.

Kurz gesagt: Die Anforderungen an die Filmlokalisierung sind vielfältig. Es gibt jede Menge zu beachten und jedes Video hat eigene Herausforderungen: Soll ein Video in mehreren Sprachen bereitgestellt werden? Gibt es Auflagen zur Barrierefreiheit? Durchaus lohnenswert, sich vor der Konzeption mit Lokalisierungsspezialisten abzustimmen. Dieser Schritt macht es möglich, dass das Video bereits lokalisierungsfreundlich konzipiert wird und ins Budget passt. Betrachten wir in den nächsten Abschnitten die einzelnen Elemente und Optionen näher.

Texte einblenden

Enthält ein Video Texteinblendungen, müssen sie im Rohformat vorliegen. So lassen sie sich austauschen. Die Texteinblendungen müssen also in dem Programm, in dem sie auch erstellt wurden, bearbeitet und mit der Datei in der Zielsprache ersetzt werden. Das geschieht am besten bei der Person oder Agentur, die das Projekt in dem Programm angelegt und die Einblendungen erstellt hat. Hierzu sollten die Übersetzungen tabellarisch in bilingualer Form angeliefert werden, damit auch Nichtmuttersprachler sie zuordnen können. Bei linksläufigen Sprachen muss das Projekt allerdings neu aufgesetzt werden. Dafür ist mehr Zeit einzuplanen und der Editor sollte Erfahrungen in den entsprechenden Sprachen haben.

Liegt nur der Film mit den Texteinblendungen vor, kann man sie nicht mehr herausfiltern und austauschen. Man könnte versuchen, die lokalen Versionen darüber zu legen oder die Texteinblendungen zu untertiteln. Dieser Umweg sollte aber eher vermieden werden.

Vertonen oder untertiteln

Beim Ton unterscheiden wir zum einen zwischen dem Originalton (O-Ton), den die Filmkamera aufnimmt. Zum O-Ton zählen sprechende Personen und Umgebungsgeräusche, zum anderen das so genannte Voice-Over – die nachträglich auf das Bild gelegte Stimme. Sie kommentiert den Film. Für den gesprochenen Ton gibt es bei der Lokalisierung grundsätzlich zwei Optionen: Vertonung oder Untertitelung.

Liegt ein klassisches Voice-Over auf dem Film, so ist dies das einfachste Szenario in Sachen Vertonung. Das liegt darin begründet, dass wir die Sprecherin oder den Sprecher nicht sehen und damit die Bewegung der Lippen. Wir können das Original einfach austauschen, ohne uns überlegen zu müssen, ob die Lippen synchron sind.

Text transkribieren und übersetzen

Da Zielsprachen in der Regel nie so lang sind wie der Originaltext und sich Sprachen zum Beispiel in Satzstellung und Syntax unterscheiden, sollte man bei der Übersetzung mit erfahrenen Linguisten zusammenarbeiten. Möglicherweise erhält man sonst Übersetzungen, die vielleicht für Print geeignet sind. Für ein Video sind die Übersetzungen aber zu lang oder korrespondieren nicht. Das Problem macht sich meist erst im Tonstudio bemerkbar. Aber dann umso gravierender, denn die Zeit im Studio ist teuer. Und normalerweise lässt sich dort eine Übersetzung kaum mehr berichtigen.

Um Übersetzungen erarbeiten zu können, die sich ohne weiteres Justieren im Tonstudio einsprechen lassen, ist eine sorgfältige Vorbereitung das A und O. In aller Kürze zusammengefasst: Man transkribiert den gesprochenen Originaltext, teilt ihn mittels Zeitstempeln (Time-In- und Time-Out-Codes) in einzelne logische Aufnahmesequenzen ein und gibt den Text dann zur Übersetzung. Wichtig ist hier, dass der Zieltext genau anhand des Bewegtbilds erstellt wird. Die Übersetzung muss sich gut einsprechen lassen – also ohne Zungenbrecher – und zum Bildgeschehen passen. Bezüge zum Bild müssen erhalten bleiben. Das ist aber nicht immer einfach. Wird im Film an einer bestimmten Stelle zum Beispiel ein Globus erwähnt und eingeblendet, sollte das entsprechend übersetzt werden. Geht das nicht, weil es in der Zielsprache das Wort Globus nicht gibt, dann ist eine Alternative gefragt. Auch für die Lokalisierung von Videos gilt: Interdisziplinäres Arbeiten und akkurates Vorbereiten sind der Schlüssel für eine saubere und erfolgreiche Umsetzung.

Fehlerfrei umsetzen

Ein wichtiger Schritt bei der Lokalisierung ist die Freigabe der Übersetzungen durch den Endkunden bzw. die Projektverantwortlichen der einzelnen Zielmärkte. Während Änderungen am Text vor dem Aufnahmetermin schnell durchgeführt sind, verdoppeln sich die Audioproduktionskosten ganz schnell, wenn man Fehler erst nach der Vertonung identifiziert. Man sollte also nur wirklich finale und gesperrte Texte aufnehmen.

Letztlich muss eine Übersetzung feststehen, deren Formulierung und Länge exakt zum Bewegtbild passt. Im Tonstudio muss sie dann nur noch eingesprochen werden – mehr nicht.

Im Studio spielt neben Sprechern und Toningenieur der Session Director eine entscheidende Rolle. Dessen Aufgabe ist die muttersprachliche Aufnahmeleitung. Er dirigiert die Aufnahme und stellt sicher, dass der zielsprachige Ton den Vorgaben entspricht. Kann man die Aufnahmeleitung nicht selbst übernehmen, dann sollte eine Vertretung bis ins Detail eingewiesen werden.

Nach der Vertonung und dem Austausch der Texteinblendungen können Ton, Bild und Text wieder zusammengesetzt werden. Auch gilt es hier zu entscheiden, wer diesen Schritt vornimmt. Zum Beispiel aufgrund der Größe der ganzen Dateien. Sie können sehr voluminös sein und es empfiehlt sich, ihren Transfer auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren.

Zielsprache versetzen

Neben dem klassischen Voice-Over mit einer Sprecherstimme gibt es eine weitere Quelle: den Originalton. Er kann zum Beispiel von Interviews, Dialogen oder VoxPops stammen. Dabei handelt es sich um kurze Statements wie zum Beispiel Mitarbeitermeinungen, die vor der Kamera abgegeben werden. Hier muss bei jedem Film genau überprüft werden, welchen Weg die Lokalisierung gehen soll. Eine übliche Variante ist zum Beispiel das Beibehalten des O-Tons im Hintergrund. Die Zielsprache wird dann leicht zeitversetzt über den O-Ton gelegt. Man kennt dieses Vorgehen aus Filmdokumentationen. Bei Interviews empfiehlt sich dagegen die Untertitelung.

Die Synchronisation, wie sie zum Beispiel bei Kinofilmen häufig umgesetzt wird, ist dagegen im Unternehmensumfeld selten eine Option. Die lippensynchrone Vertonung gilt als Königsdisziplin – auch, was das Budget betrifft. Ohne Synchron-Regisseure geht es nicht. Sie sorgen dafür, dass die Zieltexte zu den Lippenbewegungen passen. Die Kosten hierfür stehen nur selten im Verhältnis zum Zweck.

Hat ein Film Voice-Over und zeitgleich Dialoge oder Sequenzen, bei denen die Sprecher sichtbar sind, empfiehlt sich ein Mischansatz. Es ist also kein Film wie der andere. Deshalb bleibt es dabei, dass es nur hilft, sich vorab Gedanken über den Weg der Lokalisierung zu machen.

Untertitel einblenden

Was bedeutet Untertitelung genau? Sämtliche gesprochenen Inhalte eines Films werden bei der Untertitelung verschriftlicht und synchron zum Gesprochenen im Bewegtbild eingeblendet. Hier sind kompakte, übersichtliche Formulierungen gefragt. Sie geben das Gesprochene wieder und lassen sich in Echtzeit einblenden, ohne relevante Informationen auszulassen.

Nicht nur in den Zielsprachen, sondern auch in der Ausgangssprache ist die Untertitelung fast bei jedem Video ein Muss. Schließlich liefert sie eine barrierefreie Fassung für alle Menschen, die nicht gut hören. Aber auch für Nutzer mobiler Endgeräte und für das Publikum der sozialen Medien spielen Untertitel mittlerweile eine große Rolle.

Interesse wecken

Bei der heutigen Fülle an Inhalten wird es zur Herausforderung, Nutzer zu erreichen und zu fesseln. Die Autoplay-Funktion, die manche Plattformen bieten, hilft dabei. Autoplay bedeutet, dass beim Durchscrollen einer Pinnwand in den sozialen Medien angezeigte Videos automatisch abgespielt werden – eine große Chance, wenn man sie richtig nutzt und dabei die wichtige Rolle der Untertitel beachtet: Die meisten Nutzerinnen und Nutzer lassen sich die Videoinhalte in den sozialen Medien stumm anzeigen. Der Ton wird meist erst aktiviert, wenn das Interesse geweckt wurde. Werden bei der stummen Voranzeige keine Untertitel eingeblendet, scrollt der Nutzer ganz schnell weiter und die Chance ist verpasst, diesen Nutzer zu erreichen.

Bei der Untertitelung geht es also heute nicht mehr nur darum, diejenigen zu unterstützen, die die Ausgangssprache nicht sprechen oder hörbeeinträchtigt sind. Sie nützt auch vielen mobilen Nutzern, die auf Ton verzichten, weil sie unterwegs oder bei der Arbeit sind. Das Untertiteln ist jedoch nicht immer die beste Lokalisierungslösung, denn nicht jeder Film eignet sich dafür. Haben wir es beispielsweise mit einem Erklärfilm zu tun, der mit Animationen Sachverhalte visualisiert, die die volle Aufmerksamkeit fordern, dann macht eine Untertitelung wenig Sinn. Das menschliche Auge kann nicht gleichzeitig dem Bild und den Untertiteln folgen. Dasselbe gilt für Screencasts, also Aufzeichnungen von Präsentationen oder Demo-Videos.

Hat man sich für Untertitel entschieden, sollte man auf Folgendes achten: Es sollten nicht zu viele Textelemente im Film verbaut sein bzw. sie sollten nicht mit dem Ton kollidieren. Auch zu viele Schnitte und zu rasante Sprechgeschwindigkeiten sind zu vermeiden. Das Untertiteln selbst ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Das Gesprochene soll in sehr kurzer Zeit ohne Auslassungen wiedergegeben werden. Gute Untertitel fügen sich nahtlos in das Video ein und lassen sich angenehm verfolgen.

Der Umgang mit Untertiteln kann durchaus als Handwerk bezeichnet werden. Es muss erlernt und darf nicht als notwendiges Übel stiefkindlich behandelt werden. Allerdings passiert es, dass den Betrachtern automatische und nicht-regelkonforme Untertitel angeboten werden. Dabei ist die Qualität von Untertiteln kein unnötiger Luxus. Vielmehr ist sie Voraussetzung, möchte man sicherstellen, dass der Inhalt auch richtig wahrgenommen wird. Studien belegen, dass Untertitel kognitiv nicht verarbeitet werden können, wenn sie den Regeln nicht entsprechen.

Diese Regeln haben die großen öffentlichen Sendeanstalten definiert und geben an: Länge der Untertitel, die Aufteilung und Umbrüche, die Darstellung und Einblendezeiten sowie die Formulierung und Syntax, außerdem die Abstände zueinander und von den Filmschnitten (Beispiele: Inf. 01). Darüber hinaus gewährleisten sie Konsistenz über Projekte und Sprachen hinweg. Die Regeln stellen zudem sicher, dass die Untertitel gut lesbar sind, ohne den Zuschauer zu ermüden oder vom Bildgeschehen abzulenken. Auch sind regelkonforme Untertitel auf allen Endgeräten und in allen Formaten darstellbar und überdecken keine wichtigen Bildinhalte. Die Regelwerke zur Untertitelung bei großen Sendern sind zu großen Teilen deckungsgleich.

Regeln für Untertitel

 
  • max. 40 Zeichen pro Zeile
  • max. 2 Zeilen pro Untertitel
  • 2–4 Frames zwischen den Untertiteln
  • möglichst kein Trennen von Sinneinheiten; die Wörter „und“, „oder“ bzw. „auch“ sitzen zum Beispiel immer in Zeile 2 bzw. Untertitel 2
  • Die Standzeit der Untertitel richtet sich nach ihrer Länge und der verfügbaren Zeit und wird anhand der CPS-Angabe (Characters per Second) in der Software für die Untertitel bestimmt.

Inf. 01

Regeln an Sprache anpassen

Um die Regeln für Untertitel umsetzen zu können und die Qualitätsindikatoren automatisch im Blick zu haben, arbeitet man in speziellen Programmen direkt gegen das Bewegtbild. Diesen Vorgang des Untertitelns nennen die Experten auch Spotten. Die einzelnen Untertitel werden mit Zeitstempeln versehen im Bild platziert. Außerhalb dieser Programme lässt sich das nur schwer umsetzen. Bei der Lokalisierung in mehrere Sprachen müssen diese Regeln für jede Sprache und ihre semantischen, lexikalischen und syntaktischen Eigenheiten neu aufgerollt werden.

Bevor es jedoch an die Untertitelung in den Zielsprachen geht, sollte man sich den O-Ton genau anhören. Gerade Inhalte von Nutzerinnen und Nutzern, Webinare, Interviews oder auch Vox Pops sind authentische Inhalte. Sie werden frei und ohne Skript vor der Kamera eingesprochen. Grammatikalische und lexikalische Fehler bei Nicht-Muttersprachlern sowie syntaktische, semantische und weitere Sprechfehler sind hier ganz normal. Sie wirken authentisch, natürlich und charmant, wenn man sie hört. Dabei stellt sich die Frage, wie mit diesen Fehlern bei der Transkription und Untertitelung umzugehen ist.

Auf das Wesentliche reduzieren

Eine Studie der Macquarie Universität in Australien hat sich mit wortgetreuen Untertiteln befasst: Enthalten Untertitel auch Füllwörter sowie syntaktische und semantische Ungereimtheiten gesprochener Sprache, dann werden sie mit höherer Wahrscheinlichkeit übersprungen und nicht kognitiv verarbeitet. Die Wahrscheinlichkeit dafür beträgt 52 Prozent.

Wer sich über die Authentizität eines Videos Gedanken macht: Akzente oder Sprechfehler sind in der Untertitelung von Fiktion und für die authentische Abbildung des sprechenden Charakters relevant. In der Unternehmenswelt stehen jedoch die Inhalte im Vordergrund. Stellen wir uns dazu vor: Ein Nutzer sieht sich ein Video mit einem Mitarbeiterinterview an, allerdings ohne Ton. Der Interviewte spricht spontan und in Englisch, um möglichst viele Mitarbeiter auf der ganzen Welt zu erreichen – er ist aber kein Muttersprachler. Der Zuschauer liest also die wortgetreuen Untertitel, die alle Sprech- und Sinnfehler enthalten. Das führt zu Verwirrung und letztlich zum Abbruch des Videos. Die Verbatim-Untertitelung, also die wortgetreue, uneditierte Form, erzeugt für ein Unternehmen keinerlei Mehrwert. Es empfiehlt sich also, das Transkript zu editieren.

Ein fehlerfreies Transkript stellt nicht nur fehlerfreie Untertitel in der Ausgangssprache sicher, sondern vereinfacht auch die Übersetzung. Planen Sie also Zeit für die Transkription und anschließende Korrekturen ein, bevor die Untertitel in der Ausgangssprache erstellt werden. Beachten Sie, dass nicht alles, was aussieht wie ein Untertitel, auch wirklich ein lesbarer Untertitel ist.

Untertitel einbinden

Wie die fertigen Untertitel am Ende zum Bild kommen, hängt von Nutzungsart und Plattform ab. Wenn es die Plattform unterstützt, sollten die Untertitel als Closed Captions eingebunden werden. Hier kann die Nutzerin oder der Nutzer den Untertitel in der gewünschten Sprache aktivieren und deaktivieren, wie beispielsweise im Menü einer DVD. Mit Blick auf die Dateigröße hat dies den Vorteil, dass nur eine Videodatei benötigt wird. Sie wird darüber hinaus in ihrer ursprünglichen Form nicht verändert. Es kommen lediglich die Dateien für die Untertitel hinzu. Sie werden aus speziellen Programmen exportiert, zum Beispiel in den Formaten SRT oder VTT.

Können Untertitel nicht als separate Spuren ein- und ausgeblendet werden oder sollen pro Zielmarkt einzelne Videos entstehen, kann die Untertiteldatei auch ins Video eingebrannt werden. Hier muss pro Sprache ein neues Video ausgespielt werden. Die Untertitel sind nach dem Einbrennen nicht mehr zu entfernen oder zu bearbeiten.

Ein Projekt realisieren

Filmlokalisierung ist eine vielschichtige und komplexe Angelegenheit, die eine Vielzahl an Disziplinen einbindet. Nur ein Teil davon konnte in diesem Beitrag dargestellt werden.

Zum Schluss ein Beispiel, um das Ganze ein wenig zu veranschaulichen: Wir möchten ein Webinar zu einer neuen Software in mehreren Ländern zur Verfügung stellen. Dazu bitten wir einen Experten, die Software in einer Präsentation vorzustellen und diese aufzuzeichnen.

Der Referent hält seine Präsentation und zeichnet diese sowie den Ton auf. Am Ende speichert er das Resultat als Filmdatei. Die Präsentation selbst besteht aus einem Power- Point-Deck sowie einer Live-Demo der Softwareoberfläche und einem integrierten Produktfilm zur Software. Alle Inhalte sollten in den Zielsprachen möglichst kostengünstig lokalisiert werden. Was ist als Erstes zu tun? Die Bestandsaufnahme bzw. Inventur – dazu sehen wir uns das Rohmaterial an und erfassen alle Bestandteile, Aufgaben und Disziplinen.

Die PowerPoint-Folien müssen als Datei vorliegen und können direkt übersetzt werden. Der O-Ton des Referenten muss ausgetauscht werden, da Untertitel bei einer Präsentation nicht zielführend sind. Es muss ein Transkript der Präsentation erstellt und editiert werden. Die Sprecher in den Zielsprachen müssen ausgewählt, das Studio gebucht und eine Regieleitung organisiert werden. Da die Präsentation am Ende sowieso noch neu aufgezeichnet werden muss, müssen wir für die Zielsprachen nicht auf die Textlänge achten. Es reicht, die Texte so aufzubereiten, dass in der Post-Produktion klar ist, wie viele Audio-Dateien zu erstellen sind – idealerweise eine Tondatei pro PowerPoint-Folie und pro weiterer Elemente (Demo, Produktvideo). Damit das Studio all dies umsetzen kann, müssen das Transkript sowie die zielsprachigen Texte entsprechend gekennzeichnet werden.

Ist die Software-Oberfläche bereits lokalisiert, muss das Demo mit den zielsprachigen Versionen nachempfunden werden. Für diesen Schritt müssen entsprechende Experten auf den entsprechenden Zielmärkten gesucht werden. In unserem Beispiel darf die Demo in der Ausgangssprache bestehen bleiben. Dazu wird diese Bildsequenz herausgeschnitten und später wiederverwertet.

Je nach Idee und Konzept kommt ein Produktfilm hinzu. Dieser integrierte Film ist als Unterprojekt zu betrachten. In jedem Fall – Untertitelung oder Vertonung – muss der Film als Einzeldatei inklusive aller Einzelelemente vorliegen, um ihn lokalisieren zu können. Um die Kosten möglichst gering zu halten, empfiehlt sich hier die Untertitelung.

Am Ende haben wir den O-Ton durch Tondateien in den Zielsprachen ersetzt. Wir haben Untertitel für das Produktvideo erstellt und haben eine PowerPoint-Präsentation in den Zielsprachen vorliegen. Nun muss das Ganze in den Zielsprachen zusammengesetzt werden. Die PowerPoint-Präsentation muss gegen die zielsprachigen Tonspuren aufgezeichnet werden, das Demovideo sowie das Produktvideo, in das mittlerweile die zielsprachigen Untertitel eingebrannt wurden, werden integriert.

Um ein solches Projekt umsetzen zu können, sind nicht nur die Fachleute in den Einzeldisziplinen gefragt. Auch der Auftraggeber muss mitarbeiten, eigene Ressourcen einplanen und zur Verfügung stellen. Wie erwähnt, ist eine eng verzahnte interdisziplinäre Kollaboration die einzige Möglichkeit, ein solches Projekt zu realisieren. In diesem fiktiven Beispiel wären folgende Stakeholder beteiligt:

  • Auftraggeber – Organisieren und Bereitstellen der einzelnen Elemente, Freigeben der editierten und übersetzten Inhalte, Auswählen der Sprecher für die Zielsprachen
  • Muttersprachler – Transkribieren und Editieren des O-Tons
  • Sprachexperten – Übersetzen und Überprüfen in den Zielsprachen
  • Spezialisten für Untertitel – Umsetzen der Untertitel
  • TV-Editoren – Schneiden der Demosequenz aus der ursprünglichen Fassung
  • Tonstudio – Einsprechen und Leiten der Aufnahmen für die unterschiedlichen Zielmärkte
  • Postproduktion – Zusammenfügen der Inhalte für die einzelnen Zielmärkte

Bei einem Projekt in dieser Größenordnung empfiehlt sich ein eigener Projektleiter. Er muss mit jeder der involvierten Disziplinen vertraut sein und alle Projektbeteiligten steuern.

Die wachsende Affinität zu Videos ist nicht unbegründet, sprechen Videos den Zuschauer doch direkt an und vermitteln Inhalte in kurzer Zeit auf eingängige Art und Weise. Es lohnt sich, Zeit und Gedanken nicht nur in die Videoproduktion selbst, sondern auch in die anschließende Lokalisierung zu investieren. Ein Video verdient es, von einer Zielgruppe gesehen und verstanden zu werden. Gut umgesetzte Untertitel und Vertonungen sind Maßnahmen, um den Wirkungsradius zu erweitern.

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