Visualisiertes Projektmanagement

Text: Steffen-Peter Ballstaedt

Die Technische Kommunikation ist historisch in eine breite kulturelle Tradition eingebettet mit Bezügen zu Philosophie, Handwerk, Kunst und Wissenschaft. Heute: das Gantt-Chart.

Inhaltsübersicht

Lesedauer: 02:03 Minuten

Der Ursprung vieler Visualisierungen, also Charts und Diagramme, lässt sich nur schwer rekonstruieren. Wir haben in früheren Beiträgen bereits die Geburtsstunde des ersten Kreisdiagramms 1801 durch William Playfair und die Geburtsstunde des Flowchart 1921 durch Frank Gilbreth gewürdigt. Heute eine weitere Visualisierung, die viele aus ihrer Arbeit kennen: Das Gantt-Chart.

Der Mann dahinter

Henry Laurence Gantt (1847–1919) war ein US-amerikanischer Maschinenbauingenieur und Unternehmensberater, er gilt als einer der Mitbegründer des Scientific Management. Sein Hauptinteresse galt der Optimierung der Serienfertigung und er entwickelte dazu Maschinenbelegungs- und Auftragsfolgepläne. Dabei griff er auf das Balkendiagramm zurück. Es wurde 1765 von Joseph Priestley eingeführt, also bereits 100 Jahre vor Gantt.

Erst nach dem Tode Gantts wurde das Instrument von dem Unternehmensberater Wallace Clark im Projektmanagement eingesetzt und von ihm als Gantt-Chart bezeichnet [1]. Gantt selbst hat ursprünglich nichts mit Projektmanagement zu tun und wird trotzdem als Vater eines Hilfsmittels geehrt, das er für diesen Zweck gar nicht entwickelt und eingesetzt hat [2].

Aufbau der Visualisierung

Ein Gantt-Chart ist eine etwas komplexere To-do-Liste (Abb. 01): Die Abfolge einzelner Aktivitäten eines Projektes werden in der ersten Spalte einer Tabelle eingetragen. Sie werden in Phasen gegliedert, wichtige Zwischenziele werden gern als Meilensteine bezeichnet. Wichtig ist dabei, dass man den richtigen Detaillierungsgrad findet. Die erste Zeile der Tabelle ist eine Zeitachse, an der die Dauer der Aktivitäten in Balken visualisiert wird, sich überschneidende Aktivitäten werden durch überlappende Balken dargestellt. Mit Pfeilen können Abhängigkeiten zwischen Aktivitäten markiert werden. Auch ein kritischer Pfad ohne zeitliche Puffer lässt sich darstellen. Ein Gantt-Chart eignet sich vor allem für kleinere Projekte, sonst wird es schnell unübersichtlich. Für komplexere Projekte ist ein Netzplan sinnvoller. Er berücksichtigt auch zeitliche Puffer.

Übersicht über Phasen und Aktivitäten

Abb. 01 Ein Gantt-Chart für ein Projekt, das sich in zwei Phasen und elf Tätigkeiten über sechs Wochen erstreckt. Quelle Wikimedia Commons

Siegeszug eines Tools

Als ob man auf ein derartiges Hilfsmittel gewartet hätte, verbreitete sich das Gantt-Chart in den 30er-Jahren über zwölf Nationen hinweg, in der Industrie, der Verwaltung und der Wissenschaft, überall, wo Projekte geplant und kontrolliert werden [3]. Heute gibt es zahlreiche Tools zum Projektmanagement, in denen Gantt-Charts in irgendeiner Variante integriert sind. Der Zeitstrahl ist eine Leitplanke für jedes Projekt und selbst wenn es chaotisch verläuft, ein Gantt-Chart kann immer wieder schnell der Wirklichkeit angepasst werden. 

Literatur zum Beitrag

[1] Clark, Wallace (1922): The Gantt-Chart: A working tool of management. New York, Pitman Publishing.

[2] Weaver, Patrick (2012): Henry L. Gantt, 1861–1919. Debunking the myths, a retrospective view of his work, PM World Journal, 1 (5).

[3] Wren, Daniel A. (2015): Implementing the Gantt chart in Europe and Britain: the contributions of Wallace Clark, Journal of Management History, Vol. 21 Issue: 3, S. 309–327.

Philosophie, Handwerk, Kunst und Wissenschaft