Humane Todesmaschinen

Text: Steffen-Peter Ballstaedt

Die Technische Kommunikation ist historisch in eine breite kulturelle Tradition eingebettet mit Bezügen zu Philosophie, Handwerk, Kunst und Wissenschaft. Heute: Hinrichtungstechnik.

Inhaltsübersicht

Lesedauer: 02:44 Minuten

Jahrhunderte lang wurde eine Todesstrafe auf einfache Art vollsteckt: Steinigen, Köpfen, Hängen, Pfählen, Rädern, Verbrennen, Vierteilen. Diese Methoden waren öffentlichkeitswirksam, wurden aber seit der Aufklärung im 18. Jahrhundert zunehmend als grausam empfunden. [1] Dies motivierte Erfinder, sich humanere Arten der Exekution auszudenken; zwei Beispiele: die Guillotine und der Elektrische Stuhl.

Sauberer Schnitt

Der Scharfrichter hatte nicht immer eine glückliche Hand, um mit dem schweren Richtschwert einen Kopf vom Rumpf zu trennen. Der französische Arzt Joseph-Ignace Guillotin reichte 1798 den Antrag auf Einführung eines mechanischen Enthauptungsgeräts ein. Er wollte das grausame und entehrende Spektakel abschaffen und hatte sogar den damaligen Scharfrichter von Paris zum Unterstützer. Entworfen wurde der Prototyp aber von dem Chirurgen Antoine Louis, der dafür auf Vorläufer zurückgreifen konnte.

Gebaut wurde die erste Fallschwertmaschine von dem deutschen Klavierbauer Tobias Schmidt. Technisch gab es einige Probleme zu lösen, damit die Schneide auch die Halswirbelsäule sauber durchtrennt. Das Fallmesser muss an Führungsschienen an den Innenseiten des Holzgestells von etwa drei bis vier Metern Höhe glatt herunterrauschen, ohne sich zu verkanten. Der Einsatz einer halbmondförmigen, axtförmigen Schneide funktionierte bei Schafen, aber versagte bei menschlichen, vor allem männlichen Testleichen. Erst eine Erhöhung des Gewichts auf bis zu 50 Kilo und eine abgeschrägte Schneide nutzte die Fallenenergie optimal aus. Nach Aussage von Guillotin war der Tod nicht schmerzhaft, sondern „confortable“, da der Todeskandidat nur „un souffle frais“, einen frischen Lufthauch verspüre. Die Guillotine galt damals als humane Hinrichtungsmethode (Abb. 01).
Guillotine und Flechtkorb.

Abb. 01 Das Holzmodell einer Guillotine mit einem Flechtkorb für den abgetrennten Kopf. Quelle Public Domain: https://garystockbridge617.getarchive.net

Mit 2.000 Volt

Auch der elektrische Stuhl wurde aus humanitären Gründen eingeführt, um die Hinrichtung durch Erhängen abzulösen. Als Erfinder gilt Thomas Alva Edison, der eher mit der Glühbirne in Verbindung gebracht wird. Eigentlich betreute Harold P. Brown das Projekt, ein Mitarbeiter Edisons. Anfangs gab es mit einem Konkurrenten einen erbitterten Streit, ob mit Gleichstrom oder mit Wechselstrom bessere Ergebnisse zu erzielen wären. Auch diesmal wurden Tiere als „Versuchskaninchen“ eingesetzt: Katzen, Pferde und eine Elefantenkuh.

Die erste Hinrichtung eines Mörders wurde am 6. August 1890 im Auburn Staatsgefängnis im Bundesstaat New York durchgeführt. Aber die Technik war noch nicht ausgereift. Der State Electrician begann mit 1.000 Volt und musste auf 2.000 Volt in 70 Sekunden erhöhen, bis der Verurteilte unter Krämpfen starb. Das war kein guter Start in eine humane Zukunft der Todesstrafe. Es wurde weiter mit Exekutionen experimentiert, bis sich ein Standardverfahren herausbildete. Die verurteilte Person wird mit Lederriemen auf einem Stuhl fixiert, und es werden Elektroden auf dem kahlgeschorenen Kopf und an einer rasierten Wade angebracht. Damit der Stromfluss funktioniert, liegt ein mit Kochsalzlösung getränkter Schwamm zwischen Elektrode und Haut. Ein „Execution Protocol“ legt Anzahl, Dauer und Stärke der Stromstöße fest, wobei in den USA jeder Bundesstaat andere Werte vorgibt. Von einer humanen Hinrichtung kann allerdings nicht gesprochen werden, denn der Todeskampf dauert Minuten und ist abscheulich anzusehen. Zudem ist die Liste der Pannen und Zwischenfälle lang. Schon bei der ersten Hinrichtung titelte die New York Times: „Far Worse than Hanging“.

Beruf Hinrichtungstechniker

In Amerika gründete Fred Arthur Leuchter 1979 ein Unternehmen für Hinrichtungsapparate und vertrieb Galgen, Gaskammern, elektrische Stühle und Maschinen zur letalen Injektion. Auch er fühlte sich einer humanen Exekution verpflichtet und prägte das Berufsprofil des „Execution Engineer“. Obwohl immer noch in vielen Ländern die Todesstrafe mit diversen Hinrichtungsmaschinen vollzogen wird, ist zu hoffen, dass kein Technischer Redakteur und keine Technische Redakteurin eine Anleitung für ein derartiges Gerät schreiben muss.

Literatur

[1] Moore, Jonathan J. (2022): Die Geschichte der Hinrichtung. Gehängt – geköpft – gevierteilt. Kerkdriel: Libero IBP.