Barrieren mit Chatbots überwinden

Text: Alexander Hoffmann

Ob Eisenbahn, Internet oder Sprachassistenten – mit neuer Technik haben sich die Menschen immer etwas schwer getan. Dabei bleibt einem nichts anderes übrig, als sich damit zu arrangieren. Oder noch besser: die technologischen Möglichkeiten auszuschöpfen, auch für die Technische Kommunikation.

Inhaltsübersicht

Lesedauer: 13:42 Minuten

Erinnern Sie sich noch an den Moment, als Sie zum ersten Mal Fahrrad gefahren sind? Ein komisches Gefühl. So ähnlich hat es sich angefühlt, als Sie zum ersten Mal eine Maus, eine App oder einen Voice-Assistant genutzt haben. Viele von uns waren zu Beginn einer neuen Technologie eher skeptisch und wussten nicht so richtig, was wir mit den neuen Möglichkeiten anfangen sollten – bis wir uns an deren Bequemlichkeit gewöhnt hatten und jetzt nicht mehr darauf verzichten wollen.

Wenn 30 schon zu viel ist

Man kann einen Vergleich zu den Anfangstagen der Eisenbahn ziehen. Damals hatten die Menschen das Gefühl, dass sie die schnelle Geschwindigkeit einer Zugfahrt nicht überleben würden. Die Eisenbahn erreichte damals eine Geschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde. Es hat zehn Jahre gebraucht, bis sich die Menschen an das neue Transportmittel gewöhnt hatten.

Keine Chance für das Internet

„Das Internet? Bah!“, so beschrieb es im Jahr 1995 auch der Publizist und Astronom Clifford Stoll. Er war damals der Meinung, dass sich das Internet nie durchsetzen würde: „Die Wahrheit ist, dass keine Onlinedatenbank ihre Tageszeitung ersetzen kann, keine CD-ROM wird einen kompetenten Lehrer ersetzen, und kein Computernetzwerk wird die Art und Weise verändern, wie die Regierung arbeitet.“ Heute wissen wir, dass Stoll Unrecht hatte, bis auf einen Punkt: Die Digitalisierung in der Schule lässt noch auf sich warten. Das Internet ist aber nicht mehr wegzudenken. Heute hat ein Kind mit einem internetfähigen Smartphone Zugriff auf mehr Informationen als vor ungefähr 40 Jahren der Präsident der Vereinigten Staaten.

Erinnerung an 1994

Eventuell haben auch Sie vor etwa 25 Jahren am Internet gezweifelt und sich gefragt: Was ist eigentlich eine Domain und wozu benötige ich sie? Niemand hätte sich die Auswirkungen des Internets erträumen lassen (Abb. 01). Geschweige denn, dass eine einfache Domain plötzlich mehrere Millionen Euro Wert sein könnte.

Betrachten wir eine der nächsten Stufen der Softwareentwicklung und -nutzung: Apps; zwischen 2006 und 2008 erschienen die ersten Smartphones und damit auch die ersten Anwendungen dafür. Hier standen die Nutzerinnen und Nutzer vor einer ähnlichen Situation: Was ist eine App? Warum brauche ich eine? Und werden sich Apps überhaupt durchsetzen?

Doch damals gab es bereits viele Menschen, die Apps nur deshalb heruntergeladen haben, weil es eben Mode oder weil es eine neue Technologie war. Hätte man damals eine App veröffentlicht, wäre die Chance recht hoch gewesen, dass sie mit wenig Aufwand mehr Nutzer erreicht hätte, als es heute der Fall ist.

Weißes Haus in Washington

Abb. 01 Das Zentrum der Macht zu den Anfangszeiten des Internets. Quelle https://clintonwhitehouse1.archives.gov/

Die nächste Stufe

Darf ich vorstellen: Kollege „Chatbot“ steht in den Startlöchern. Seine Einsatzzwecke reichen von Unterstützung beim Service über Promotion im Marketing bis hin zu Ernährungsberatung und vielen weiteren Szenarien. Fast alles ist denkbar. Die technische Entwicklung bewegt sich parallel in großen Schritten. Google Duplex, eine Software, die den Google Assistant noch intelligenter machen wird – so intelligent, dass man den Unterschied zu einem echten Menschen nur noch sehr schwer bis gar nicht mehr erkennen kann (Abb. 02).

Vor 15 Jahren noch nicht auf dem Markt

Abb. 02 Kaum vorstellbar, dass diese Produkte bzw. Unternehmen vor 15 Jahren noch nicht existiert haben. Quelle Twitter

Eigenschaften von Chatbots

Bots, die Kurzform von Roboter, sind Programme, die autonom mit Systemen oder Nutzern interagieren. Bevor der Begriff des Chatbots definiert wird, müssen zunächst die Unterschiede zu Social Bots erklärt werden. Kriterien von Social Bots sind:

  • Gerüchte oder Verschwörungs­theorien verbreiten; Bots werden häufig mit Wahlmanipulation assoziiert. In diesem Fall agieren viele kleine Computerprogramme als Fake-Accounts in sozialen Netzwerken. Sie agieren gemeinsam als Schwarm und verfolgen häufig das Ziel, künstliche Trends zu erzeugen und so ihren Machern eine höhere Reichweite, also Sichtbarkeit, zu verschaffen.
  • Für einen durchschnittlichen Internetnutzer, der von dem Konzept der Social Bots noch nie gehört hat, sieht das so aus, als würden sich echte Menschen zu einem bestimmten Thema austauschen.
  • Tipps zum Erkennen von Social Bots gibt die Tagesschau: https://faktenfinder.tagesschau.de/tutorials/social-bots-erkennen-101.html

Chatbots sind Programme, die sich über eine Kommunikationsform steuern lassen. Hierbei lassen sich grob zwei Arten von Chatbots unterscheiden:

  • Textbasierte Chatbots, die sich durch Freitexte oder durch vorgegebene Antworten steuern lassen.
  • Voicebasierte Chatbots, die sich per Spracheingabe steuern lassen.

Chatbots sind also Conversational Inter­faces, die auf Sprachsteuerung (verbale Kommunikation) oder Texteingabe (schriftliche Kommunikation) reagieren. Das Ziel ist, virtuelle Nutzer zu schaffen, die in Chats oder anderen digitalen Kanälen einen Gesprächspartner simulieren und dabei Menschen im Alltag sowie im Beruf unterstützen. Dabei können virtuelle Nutzer verschiedene Medien und Formen annehmen. Sie erscheinen meistens als Gesprächspartner. Ein solcher Gesprächskanal kann zum Beispiel sein:

  • ein Dialogfenster in einer Website
  • ein Messenger wie Facebook Messenger, WhatsApp, WeChat oder Telegram
  • ein Telefonkanal
  • eine eigenständige App
  • eine E-Mail
  • Assistenten wie Amazon Alexa, Apple Siri oder Microsoft Cortana

Gründe für Chatbots

Um das Potenzial von Chatbots zu verstehen, muss man begreifen, welche heutigen Prozesse sie eigentlich verändern. Häufig ist zum Beispiel Satya Nadella, CEO von Microsoft, zu hören, Chatbots seien die neuen Apps (Abb. 03). Genau genommen ist das aber falsch. Chatbots ersetzen keine Apps, sie ersetzen vielmehr Eingabemasken in Apps oder Websites. Die Eingabemaske verwandelt sich in eine Konversation, die auch Buttons und vorgegebene Antworten zulässt.

Wenn Nadella also sagt: „Chatbots are the new apps“, meint er, dass Chatbots die Antwort auf unser Nutzungsverhalten von Smartphones sind. Schließlich sind Messenger aus unserem Leben kaum mehr wegzudenken. Im Gegenteil, sie sind präsenter denn je.

Quelle USA TODAY

Abb. 03 Rosige Zeiten für Bots oder nur ein Missverständnis? Quelle USA TODAY

Die wichtigste Gattung an Apps

Viele Menschen kaufen sich häufig nur deshalb Smartphones, um mit ihren Mitmenschen chatten zu können. Das betrifft ältere Menschen genauso wie zwölfjährige Schulkinder. Ohne Messenger würden sie den Anschluss an die Kommunikation ihrer Schulklasse verlieren. Laut einer repräsentativen Studie des Digitalverbands Bitkom verwenden neun von zehn Internetnutzern in Deutschland Kurznachrichtendienste wie WhatsApp, Facebook Messenger oder iMessage. Bei den Jüngeren zwischen 14 und 29 Jahren nutzt inzwischen nahezu jeder (98 Prozent) einen Messenger. Unter den 30- bis 49-Jährigen sind es 94 Prozent, bei den 50- bis 64-Jährigen 81 Prozent und bei der Generation 65+ 70 Prozent.

Mehrwert durch Messenger

Wie bereits beschrieben, werden Apps nicht durch Chatbots ersetzt. Stattdessen verwandeln sich Eingabemasken in Apps oder Websites in Gespräche mit Buttons oder freier Texteingabe. Doch durch die neuen Messenger-Plattformen wie Facebook Messenger oder Kik bietet sich eine ganz neue Chance, die Zielgruppe zu erreichen. Denn das Geschäft mit Apps geht zurück. Es wird immer schwieriger, Kunden zu überzeugen, neue Apps herunterzuladen und zu verwenden. Nutzer haben das Interesse verloren, neue Apps auszuprobieren. Ein Viertel aller heruntergeladenen Apps werden nach einmaliger Nutzung nie wieder geöffnet. Selbst in noch nicht so stark digitalisierten Branchen wie dem Handwerk sind Messenger sehr verbreitet (Abb. 04).

Foto Alexander Hoffmann

Abb. 04 Messenger gewinnen an Beliebtheit. Foto Alexander Hoffmann

Leistungsstarke Künstliche Intelligenz

Hinzu kommt, dass die Künstliche Intelligenz in den letzten Jahren massiv an Entwicklung zugelegt hat. Computer kommen dem Punkt immer näher, an dem Nutzer komplexe Gespräche mit ihnen führen können. Als starker Motor für die Entwicklung von neuen Chatbots gelten die neuen AIaaS-Plattformen (Artificial Intelligence as a Service) wie das Microsoft-Bot-Framework oder Dialogflow von Google. Damit können Unternehmen ohne AI-Experten ihre Chatbots selbst gestalten. Dank effizienteren Prozessoren und einer größeren Menge an nutzbaren Daten beschleunigt sich die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz bzw. des Natural Language Processing ebenfalls enorm. Experten gehen davon aus, dass im Jahr 2020 Chatbots 80 Prozent der Kundendienste großer Marken übernehmen werden.

Wachsende Beliebtheit

Die benötigte Hardware für Chatbots ist fast vollständig im Mainstream angelangt: Neben den Smartphones, die schon ab Werk über virtuelle Assistenten verfügen, gewinnen externe Lautsprecher wie Amazons Echo oder Google Home mehr und mehr an Bedeutung. So legte in den USA der Markt für Smart Speaker im Weihnachtsgeschäft 2017 um 50 Prozent zu. In Deutschland sollen sich im dritten Quartal 2017 über sieben Millionen Smart Speaker verkauft haben.

Langsameres Wachstum trotz Vorteilen

Allerdings wächst der Markt in Deutschland etwas langsamer. Ein Grund hierfür könnten Bedenken beim Datenschutz sein: Gleich 77 Prozent der Deutschen haben deswegen bei smarten Lautsprechern ein schlechtes Gefühl. Das zeigt eine repräsentative Studie von nextMedia.Hamburg.

Werfen wir trotzdem einen Blick auf die Vorteile von Chatbots:

  • Geringer Datenverbrauch; es passieren keine Downloads, dadurch verringert sich die Menge an Speicherplatz­problemen, gleichzeit verbessert sich die Nutzererfahrung.
  • konsistente Nutzerführung
  • Gespräche sind auch offline verfügbar, durchsuchbar und jeweils mit einem Zeitstempel versehen.
  • Medien und Links verfügbar
  • Chats werden in der Inbox gehalten, anstatt Gefahr zu laufen, in einem Meer von Notifications unterzugehen.
  • Kundenservice: Antwort- und Wartezeiten werden reduziert.

Und welche Gründe sprechen dafür, Chatbots einzusetzen? Genau vier:

  1. Die Downloadzahlen von Apps gehen zurück.
  2. Nutzer verbringen mehr Zeit auf Chat-Plattformen als in Social Media.
  3. Menschen gewöhnen sich immer mehr an Chat-Nachrichten.
  4. Die fortschreitende Entwicklung von Künstlicher Intelligenz sowie die Möglichkeit, Nutzer ohne App-Download und Installation zu erreichen, beschleunigen die Verbreitung von Chatbots

Die Technik im Einsatz

Wie schon dargestellt, lassen sich Chatbots mit Freitext steuern. Nicht immer die beste Strategie, wie Abbildung 05 zeigt. In dem Bildbeispiel einer Konversation mit dem Pizza-Chatbot benötigen wir eine Unmenge an Aktionen, um die Buchstaben einzugeben, hier insgesamt 73 Aktionen. Verschwendete Liebesmüh? Wenn man die Anzahl der Aktionen mit der Variante von WeChat vergleicht, dann ein klares Ja. Denn dort benötigt man zum Bestellen einer Pizza nur 16 Aktionen, davon sechs Aktionen zur Eingabe der PIN (Abb. 06).

Konversation mit dem Pizza Chatbot

Abb. 05 Getippte Essensbestellung. Quelle http://dangrover.com/blog/2016/04/20/bots-wont-replace-apps.html

Letztlich heißt das, einen Chatbot ausschließlich per Freitexteingabe zu nutzen, bringt nicht immer die beste Nutzererfahrung. Es kommt auf die Anzahl der Aktionen an – je weniger, desto besser.

Übersicht über eine Chat-Anwendung

Abb. 06 Mit einer Chat-Anwendung geht es deutlich schneller. Quelle http://dangrover.com/blog/2016/04/20/bots-wont-replace-apps.html

Woebot gegen schlechte Laune

Der Woebot erhielt im Januar 2017 zwei Millionen Nachrichten pro Woche und ist in über 135 Ländern aktiv. Pro Tag spricht er mit mehr Menschen, als ein Mensch in seiner ganzen Lebenszeit sieht. Außerdem bringt der Bot eine kostenfreie psychologische Therapie mit. Die Daten, die die Nutzer im Gespräch eingeben, sind so persönlich und sensibel, dass man sie in dieser intimen Form selten in echten Therapien hört. Deshalb ist es für die Betreiber des Chatbots elementar, die Daten anonymisiert zu speichern.

Das Zurückverfolgen zum Nutzer des Chatbots ist nicht möglich. Im Woebot-Unternehmen sehen die Mitarbeiter auch keine Facebook-Profile der Nutzer. Trotzdem will die Gründerin in naher Zukunft eine eigene App umsetzen und die NLP-Anwendungen auf eigenen Servern hosten, um nicht Gefahr zu laufen, dass Drittanbieter die sensiblen Daten sehen und auswerten können.

Wenn Menschen genervt oder in einer schlechten Stimmung sind, können sie nur wenige Informationen verarbeiten. Daher wurde entschieden, die Texte und Informationen möglichst knapp zu halten. Die Chat-Nachrichten von Woebot beschränken sich daher auf eine bis zwei Zeilen, um das Gespräch schlank und dynamisch zu halten. Es gibt keine ergebnisoffene Konversation.

Der Chatbot führt den Nutzer immer durch eine Art Drehbuch. Für die Betreiber von Woebot war es sehr wichtig, die Konversationen auf Textbasis und nicht mit Sprache umzusetzen. Als Grund nennen sie, dass man negative Gedanken kaum in gesprochenen Antworten erkennen kann. Im Gegensatz dazu schreibt man bei einem textbasierten Chatbot den negativen Gedanken auf. Gleichzeitig hilft das, den negativen Gedanken zu überwinden.

Chat und Tamagotchi

„Hendricks Cucumber Adoption Service“ heißt der Bot eines Gin-Herstellers. Die Nutzerin oder der Nutzer entscheidet sich für eine Gurke mit einem bestimmten Charakter, adoptiert und pflegt sie. Unter dem Motto „Cultivate the unusual“ verbindet der Hersteller die Chatbot-Technologie des Facebook Messenger mit der Mechanik eines Tamagotchi-Spiels. Für mich selbst habe ich die Gurke „Hercules the Destroyer“ ausgesucht. Zu den Besonderheiten des Chatbots gehören die spielerischen Elemente. Man kann der Gurke zum Beispiel etwas vorlesen lassen oder sie bei Zeiten mit Wasser versorgen. Wenn man diese Optionen im Chatbot wählt, sieht der Nutzer ein Video von Menschen, die der Pflanze wirklich etwas vorlesen oder sie dann eben gießen.

Angenehme Unterhaltung

Der Dating-Chatbot Lara von Meetic erzielt eine über 30 Prozent höhere Conversation Rate gegenüber der klassischen Web­site oder der App. Der Clou bei der Sache ist, dass Lara den Nutzer im Registrierungsprozess durch ein entspanntes Gespräch führt anstatt durch langweilige Formularfelder. Mit einem Gesicht und einem Vornamen sowie einer persönlichen Ansprache per Du baut der Chatbot eine emotionale Verbindung zum Kunden auf und trägt zu einer freundschaftlichen Atmosphäre bei. Im Gespräch geben Nutzerin und Nutzer Informationen zu Vorlieben und persönlichem Geschmack an.

Cynthia Ramirez, Leiterin CRM bei Meetic, beschreibt: „Meetic führt regelmäßig Studien durch, um zu prüfen, ob unsere Kunden zufrieden sind und was verbessert werden kann. Dem Anmeldeprozess schenken wir natürlich besonders große Beachtung, wir möchten wissen, was Besucher davon abhält, sich anzumelden, um mit relevanten Botschaften eventuelle Stolpersteine aus dem Weg zu räumen. Der Erfolg unserer Optimierungskampagnen ist weitgehend auf die Qualität und die Relevanz der vorhandenen Daten und eine präzise Segmentierung zurückzuführen. Mit Kameleoon konnten wir die Szenarien verschiedener User Journeys erstellen und testen, wie User Experience und Conversion am besten optimiert werden. Die Relevanz eines Chatbots wurde bestätigt, und die auslösenden Elemente wurden präzise eingerichtet. Die Analyse des Besucherverhaltens zeigt, dass unser intern entwickelter Chatbot eine echte Hilfe für Singles ist, die über eine Anmeldung bei Meetic nachdenken.“

Meetic bietet den Chatbot im Facebook Messenger und als Web-Chatbot auf ihrer Website an. Der Web-Chatbot erscheint, wenn Nutzer, die noch nicht registriert sind, die Website verlassen möchten. Meetic möchte sie mit dem Chatbot von ihrem Service überzeugen und zur Anmeldung bewegen. Der Chatbot für den Facebook Messenger ist in Deutschland nicht verfügbar. Die Facebook-Seite scheint es nur in Frankreich zu geben. Neben der Persönlichkeit Lara gibt es auch den Charakter Tom als Chatbot.

Kinder und Chatbots

Bereits seit ein paar Jahren wachsen Kinder mit mobilen Endgeräten auf. Deren Nutzerverhalten schwankt natürlich noch sehr. Bei einigen Kleinkindern hat man aber ein interessantes Phänomen festgestellt: Sie gewöhnen sich an die Wisch- und Zoombewegungen der Tablets. So hat manches Kind die gleichen (motorischen) Bewegungen bei einer (analogen) Zeitschrift probiert, um ein Foto zu vergrößern – natürlich mit wenig Erfolg.

Das ist nur ein Beispiel dafür, wie die Technik Kinder verändert hat. Heute ist es schon keine Seltenheit mehr, wenn Mütter ihren schreienden Kindern ihr Smart­phone in die Hand drücken, um sie abzulenken oder zu beruhigen. Babys, die erst acht Monate alt sind, schaffen es, Smartphones zu entsperren, nur um ihre Lieblings-App mit Tiergeräuschen zu starten. Wie gehen Kinder aber mit Chatbots um? Oder konkreter gefragt: mit virtuellen Assistenten wie Alexa oder Siri? Diese Frage wollte das Massachusetts Institute of Technology (MIT) beantworten. Eine Studie des MIT Media Labs untersuchte 27 Kinder im Alter zwischen drei und zehn Jahren daraufhin, wie sie mit virtuellen Assistenten umgehen. Geräte wie Alexa, Google Home oder auch der Chatbot Julie waren dabei, außerdem ein Spielzeug-Bulldozer, der auf den Namen Cozmo hört.

Die Kinder nahmen die virtuellen Assistenten als echte Personen wahr und stellten ihnen sofort persönliche Fragen: Alexa, wie alt bist du? Alexa, was bist du? Manche dachten auch, dass Geräte über mehrere Persönlichkeiten verfügen würden. Wusste Alexa einmal nicht weiter, fragte man einfach eine andere Alexa, die gerade im Nachbarraum stand.

Fehlendes Bewusstsein

Wir trauen einer Waschmaschine, dass sie unsere Wäsche wieder sauber macht. Einem Geldautomaten, dass wir unser Bargeld erhalten. Aber wir bauen mit den Maschinen bisher keine Beziehung auf und geben ihnen keine eigenen Namen – meistens. Die nächste Generation wird in einer Umgebung aufwachsen, in der es normal sein wird, dass sie von autonomen Assistenten unterstützt wird. Bei der MIT-Untersuchung dachten rund 80 Prozent der Kinder, dass Alexa immer die Wahrheit sagt. Jetzt könnte man natürlich argumentieren, dass das nicht so schlimm sei, weil man ja auch nicht von jedem Buch oder sonstigen Medien behaupten kann, dass es immer die Wahrheit erzählt – Stichwort „Fake-News“. Es geht aber nicht nur um die Wahrheit von Nachrichten bzw. um Datenschutz. Das Internet ist voll von Quatsch, bei dem Kinder nicht zwischen richtig und falsch, Gut und Böse unterscheiden können. Das Thema ist viel umfassender. Und es bleibt der bittere Beigeschmack, dass die junge Generation zum Thema Datenschutz gar nicht erst sensibilisiert wird, da sie eine persönliche Beziehung zu den Maschinen aufbaut.

Bewertung von Chancen

Aus Marketingperspektive ergeben sich jedoch enorme Potenziale, aber auch die Verantwortung wächst, denn die Alexas der Zukunft werden unseren Kindern einfache und komplexe Entscheidungen abnehmen – Entscheidungen wie „Was sollte ich jetzt essen? Lieber den Avocadosalat?“, „Was soll ich meinem Freund schenken?“ Oh, und: „Wie sieht mein perfekter Lebenspartner aus?“

Laut Gartner Hype Cycle, der im Juli 2017 veröffentlicht wurde, würden Chatbots als virtuelle Assistenten erst in fünf bis zehn Jahren im Mainstream ankommen. Das sagten die Analysten sogar schon ein Jahr früher voraus. Im Jahr 2018 verkürzten die Analysten die Wartezeit für den Einsatz von Chatbots im Mainstream auf zwei bis fünf Jahre. Der Gartner Hype Cycle bietet Unternehmenslenkern und Technologieberatern die Möglichkeit, den Reifegrad von neuen Technologien besser einschätzen und bewerten zu können.

Laut den Analysten befinden sich Chatbots kurz vor dem Eintritt in das Tal der Enttäuschungen. Menschen setzen sich mit den Technologien auseinander und werden enttäuscht, weil ihre Erwartungen zu hoch sind. Entsprechend nimmt auch die Berichterstattung in den Medien ab. Ist das Tal der Enttäuschungen durchschritten, haben Nutzer ein realistischeres Bild von der Technologie und ein besseres Verständnis von Grenzen und Vorteilen von Chatbots. Das ist die Vorstufe des Plateaus der Produktivität. Hier fällt die Entscheidung, ob die Technologie letztlich vom Markt angenommen wird oder nicht. Bis zum Erreichen dieser Reife dauert es laut Gartner zwei bis fünf Jahre. Chris Messina, Erfinder des Hashtags und großer Befürworter der Chatbot-Technologie, ist fest davon überzeugt, dass Chatbots in den Mainstream gelangen werden.

In der Technischen Kommunikation

Potenzial für Chatbots gibt es grundsätzlich überall, wo es um Kommunikation geht – Websites, Apps und soziale Netzwerke. Vor allem bei Anfragen oder Konversationen mit einem hohen Standardisierungsgrad bieten Chatbots viel Automatisierungspotenzial. Es wird daher spannend, welchen Einfluss Chatbots in den nächsten Jahren auch auf die Technische Kommunikation haben werden. Kennen Sie bereits Beispiele? Dann freue ich mich über eine kurze Nachricht.

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