Neue Impulse für das Berufsbild

Text: Andreas Lanig

Benötigt die Technische Redaktion eine Akademisierung? Oder stehen Industrie und Bildungsträger dem entgegen? Es ist Zeit, darüber zu sprechen.

Inhaltsübersicht

Lesedauer: 11:27 Minuten

Dieser Artikel weist in zwei Richtungen: Er möchte eine Diskussion anregen, welche Rolle die Akademisierung für Technische Redakteurinnen und Redakteure spielen kann. Außerdem, ganz pragmatisch, soll er eine grundsätzliche Orientierung innerhalb der Bildungsangebote von der beruflichen Ausbildung bis zur akademischen Bildung im Berufsbild der Technischen Redaktion bieten.

„Thesen zur Akademisierung“ – auch so könnte der Artikel übertitelt sein. Thesen sind in der Wissenschaft ein Ausgangspunkt für eine Argumentation. Alltagssprachlich sind Thesen Impulse, um eine Debatte zu starten. In diesem Sinn möchte dieser Artikel die Grundlagen akademischer Qualifizierung wiedergeben und auf dieser Basis drei Thesen für das Berufsbild der Technischen Redaktion formulieren. Damit sollen Berufseinsteiger und -einsteigerinnen über eine weitere Spezialisierung informiert werden. Darüber hinaus soll die Debatte bei den Bildungsanbietern im Spannungsfeld von Employability und Akademisierung pädagogisch erweitert werden.

In der Einleitung werden die unterschiedlichen Niveaus zwischen Berufsausbildung bis hin zur Promotion erläutert. Der Hauptteil führt drei Thesen aus, die im Branchendiskurs konstruktiv wirken sollen. Am Ende steht ein Appell an alle Beteiligten: Arbeitgeber, Bildungsinstitutionen sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen.

Taxonomie von Bildungsangeboten

Der „Deutsche Qualifikationsrahmen“ (DQR) unterscheidet Bildungsangebote und deren Niveaus in den Kategorien „Fachkompetenz“ und „personale Kompetenz“. Die Niveaus beschreiben sechs Stufen und unterscheiden zwischen zum Beispiel Wissen, Verstehen, Anwenden und Analysieren. Die Niveaus gehen zurück auf Bloom [2, S. 76] und bezeichnen die Tiefe von Wissen und Fertigkeiten. Zusätzlich definieren die Stufen dieser Taxonomie, welche Sozialkompetenzen und Grade der Selbstständigkeit zu erreichen sind.

Der „Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse“ (HQR) erweitert und ergänzt diese Taxonomie oberhalb von DQR-Niveau 5. Dabei geht es insbesondere um die Selbstständigkeit im Erwerb von Wissen und Kompetenzen aus einem akademischen Programm heraus. Das DQR-Modell zeigt Abbildung 01.

Übersicht über Stufen nach DQR und HQR.
Abb. 01 Stufen beruflicher und akademischer Bildung. Quelle Andreas Lanig; DQR; HQR

So geht es etwa auf DQR-Niveau 4 der betrieblichen Berufsausbildung um die „selbstständige Planung und Bearbeitung fachlicher Aufgaben“. [1] Auf der Stufe fünf sollen Absolventinnen und Absolventen die „umfassende Planung und Bearbeitung“ dieser fachlichen Aufgaben bewältigen können. [2] Die Stufe vier entspricht der Zertifizierung zum „Technischen Redakteur/Technische Redakteurin (tekom) – Professional-Level“, die Stufe fünf entspricht dem Expert-Level. [3] Ausgehend von DQR 5 führt der Weg über die akademischen Stufen Bachelor (HQR 1. Stufe), Master (HQR 2. Stufe) und Promotion (HQR 3. Stufe) zu zusätzlichen Niveaus der Kompetenz. Diese drei Stufen sind wiederum in der Taxonomie nach dem „Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse“ definiert. [4]

In diesen drei Stufen werden zusätzlich zum DQR-Niveau 5, also der Fachschule bzw. dem tekom Expert-Level, zur fachlichen Bearbeitung von Aufgaben die eigenverantwortliche Steuerung von Teilprozessen betont. Auf der Ebene des Masters wird auf eine eigenverantwortliche Steuerung und damit die Führungsverantwortung erweitert. Auf dieser mittleren Stufe der akademischen Bildung geht es damit um die Bewältigung „neuer und komplexer Problemstellungen“ [4, S. 8f]. Und der Vollständigkeit halber: In der dritten Stufe der Differenzierung geht es in der Promotion um die Gewinnung von Forschungserkenntnissen. [4, S. 11ff]

Professionell oder akademisch?

Damit ist die Unterscheidung zwischen Professionalisierung und Akademisierung zu treffen. Auf dem DQR-Niveau 4 und 5 geht es um eine fachpraktische Fertigkeit. Auf dem Niveau 6 (Bachelor) geht es um die eigenverantwortliche Steuerung, Führungsverantwortung und die Erweiterung des Fachwissens.

Ein Zwischenfazit: In dieser Taxonomie dreht es sich nicht um eine Auf- oder Abwertung, sondern lediglich um eine qualitative Beschreibung der Kompetenzziele. Dieses Verständnis ist wichtig, um die Systematik auf die Kernkompetenzen in der Technischen Redaktion zu beziehen.

Die folgenden Thesen bauen aufeinander auf. Die Erste davon lautet: „Das Berufsbild der Technischen Kommunikation ist eine interdisziplinäre Kombination von Sprache, Technik und Gestaltung“. Der akademische Weg ist deutlich länger als die berufspraktische Ausbildung. Deshalb lautet die zweite These: „Akademisierung braucht Zeit. Nicht so sehr für die fachliche Praxis, sondern für die persönliche Entwicklung als Voraussetzung für konzeptionelle Fähigkeiten und Führungsverantwortung“. Damit ist die Akademisierung in einen umfassenderen Prozess der Professionalisierung eingebettet, in dem die Technische Redaktion ein kleiner Teil ist – dritte These: „Professionalisierung ist ein fortlaufender Prozess, in dem die Akademisierung ein Aspekt der Disziplinwerdung ist“. Sehen wir uns zunächst die erste These genauer an.

Der Kern der Technischen Redaktion

Die tekom definiert „professionelle Kompetenzen für die Technische Kommunikation“ mit der Gleichwertigkeit von Sprache, Technik und Gestaltung. [5] Auf diesem Konsens sind die drei Säulen des Berufsbilds die sprachliche Fachkommunikation, die Ingenieurswissenschaften inklusive der Informatik sowie die Medienpraxis (Abb. 02 und Abb. 03).

Übersicht über die Säulen der Technischen Redaktion.
Abb. 02 Die drei Säulen der Technischen Redaktion. Quelle Andreas Lanig

Die Stufen Bachelor, Master und Promotion und die Einordnung der grundständigen Technischen Redaktion.
Abb. 03 Hochschulqualifikationsrahmen Stufe 1. Quelle Andreas Lanig

Warum ist das Argument der Gleichwertigkeit dieser These wichtig? Wenn wir das Konzept des Kompetenzrahmens an den Master- und Bachelorthemen [6, S. 51–54] messen, sollten diese Befunde den thematischen Kern bestätigen. In dieser Auswertung werden die „traditionellen Bereiche“ [6, S. 51] in den Prozessen der Technischen Redaktion, Sprach- und Übersetzungsprozesse, Usability, Schulung und Content Management genannt. Themen in diesen Kategorien machen etwas mehr als 55 Prozent dieser als „traditionell“ benannten Kategorie aus. Mit 11,7 Prozent der Themen hat die Kategorie „Extended Reality“ den größten Anteil. In den Themen dieser Kategorie lässt sich das Bemühen ablesen, die Interdisziplinarität dieser drei Themenfundamente nutzbringend zu erweitern.

Damit stellt die These fest, dass die Gleichwertigkeit der drei Fundamente nicht nur ein Konzept der beruflichen Professionalisierung, sondern der Fachwissenschaftlichkeit ist. Berufspädagogisch wichtig für die folgenden Thesen ist, dass die drei Fundamente in unterschiedlicher Gewichtung ausgeprägt sein müssen. Sind nur zwei Fundamente mit Leben gefüllt, ist dies eine andere Fachlichkeit. Ein grundständiges Bachelorprogramm muss auf diesen drei Säulen ruhen. Es bleibt ein definitorisches Verständnis, dass akademische Programme auf dem DQR-Niveau 6 diese drei Fundamente Sprache, Technik und Gestaltung umfassen müssen. Ansonsten sind die Programme etwas anderes. Das muss nicht schlecht sein, das ist bekanntermaßen sogar marktgängiger. Dennoch ist es dann keine Technische Redaktion.

Dieses definitorische Verständnis zu bewahren und als Grundlage für curriculare Angebote auf Bachelor-Niveau festzulegen, ist die branchenpolitische Zielsetzung des tekom-Kompetenzrahmens. [5]

Auf dem zweiten akademischen Niveau des Masters ist es ebenfalls möglich, eine oder zwei Säulen zu betonen (Abb. 04). Sind diese Programme konsekutiv, bauen sie auf der ersten HQR-Stufe auf. Das können spezialisierte Masterprogramme sein, die in Richtung Medieninformatik oder Usability führen. Durch den konsekutiven Aufbau sind dies Spezialisierungen der Technischen Redaktion, die auf dem Fundament von Sprache, Technik und Gestaltung aufbauen. Masterprogramme, die nicht konsekutiv sind und Studierenden den Einstieg aus etwa dem sprachlichen Bereich oder dem Mediendesign ermöglichen, sind gut und sinnvoll. Wenn sie nicht auf den grundständigen drei Säulen der Technischen Redaktion aufbauen, tragen sie mehr zur Interdisziplinarität als zur Profilierung des Berufsbildes der Technischen Redaktion bei.

Stufen des HQR.
Abb. 04 Hochschulqualifikationsrahmen Stufe 2. Quelle Andreas Lanig

Und auch hier bilden spezialisierte Promotionsprogramme der Fachkommunikation eine deutliche Vertiefung im sprachwissenschaftlichen Feld. Dazu ist eine Zeit der inneren Entwicklung notwendig, was uns zur zweiten These führt (Abb. 05).

HQR Stufe 2 mit Vertiefungen.
Abb. 05 Hochschulqualifikationsrahmen Stufe 2 und 3. Quelle Andreas Lanig

Mehr Zeit für die Entwicklung

Die industriellen Anforderungen an das Berufsbild sind anspruchsvoll, was die sehr umfangreiche und vielschichtige Vorbereitung und Prüfung zum Professional- und Expert-Level der tekom-Zertifizierung zeigt. In einem dichten Programm ist die Professionalisierung dieser drei Kernbereiche von Sprache, Technik und Medien „zwischen sechs und neun Monaten“ zu erreichen. [5] Dies deckt offensichtlich den industriellen Bedarf, da allein mit dieser beruflichen Weiterbildung sehr gute Aussichten auf dem Arbeitsmarkt bestehen.

Auf der Seite der akademischen Programme ist ein Bachelorprogramm in Vollzeit in 6 bzw. 7 Semestern zu erreichen. Das ist ein Vielfaches. Es stellt sich die Frage, was Mehraufwand und Mehrkosten rechtfertigt. Die Gründe dafür leichtfertig unter „nice to have“ abzustempeln, ist vorschnell. Angesichts des dauerhaft hohen Bedarfs an qualifizierten Fachleuten gibt es zu wenig Absolventen. Doch was ist der Grund, den Weg von DQR-Niveau 5, der Expert-Zertifizierung, auf das DQR-Niveau 6, dem Bachelor weiterzuführen? Die Begründung ist die Führungs- und Forschungsverantwortung. Dazu ist notwendig, dass die Personen nicht ausschließlich ihre persönliche Professionalisierung im Blick haben, sondern an der solidarischen Verantwortung für das Berufsbild interessiert sind. Allerdings muss dann klar sein, dass dies berufspädagogisch der längere Weg ist.

Akademische Programme haben im Gegensatz zur Berufsausbildung oder zur berufsbegleitenden Zertifizierung die Selbstkompetenzen im Blick. Es geht damit in diesen Programmen um die Befähigung zur Führungsverantwortung. Einerseits bezieht sich das auf den Lernenden selbst, zukünftige Herausforderungen durch eigenorganisierten Wissenserwerb zu bewältigen. Andererseits bezieht sich das auf die Führung von Mitarbeitenden. Ein weiteres Merkmal ist das Ziel, das Wissen der Disziplin zu erweitern.

Innerhalb des Zieles der Selbstkompetenzen beschäftigen sich Studierende mit sich selbst, aber mit dem Ziel, dies in einer individuellen fachlichen Vertiefung nachhaltig werden zu lassen. Diesen „Habitus“ [7] zu entwickeln, ist für die Führungsverantwortung und für die fachwissenschaftliche Forschung notwendig. Insofern zielt die Akademisierung zwar auf die individuelle Professionalisierung des Berufsbildes (Softwaredokumentation, Wissenschaftskommunikation, Content, Marketing oder auch Usability) ab. Dabei ist aber immer von Belang, wie Studierende ihre Verantwortlichkeit für Prozesse, Projekte und Mitarbeitende in dieser Zeit entwickeln.

Daraus folgt: Eine Entwicklung des Berufsbildes ist angewiesen auf Persönlichkeiten und Berufsziele, die nicht nur die persönliche Professionalisierung im Blick haben, sondern an der Führungs- und Forschungsverantwortung arbeiten wollen und können. Und daran muss die Industrie ein dauerhaftes Interesse haben.

Eine Gemeinschaft von Praktikern

Wenn wir die wertfreie Grenze zwischen individueller Professionalisierung und akademischer Erweiterung des Fachwissens für die gesamte Branche anerkennen, erweitert sich dieser Gedankengang in Richtung des akademischen Ethos: Es bedarf einer Identifikation mit dem Selbstverständnis der Technischen Redaktion. Diese ist mit der Interdisziplinarität zwischen Sprache, Technik und Medien anspruchsvoll.

Dass dies in anderen Domänen wie dem Design gelungen ist, zeigt, dass es um gemeinsame Narrative geht. Das sind gemeinsame Erfahrungen, die eine identifikatorische Kraft entfalten. [8] Es mag überraschend politisch klingen, aber die Abgrenzung (zur Technischen Kommunikation, zum Content Management oder auch zum Marketing) kann dabei identifikationsstiftend wirken.

Gleichwohl sind diese Narrative derzeit meist an Institutionen, Branchen oder Unternehmen gebunden. Das Verständnis der Akademisierung als ein Zusammenspiel einer grundständigen Berufspädagogik (wie erlernen Einsteiger und Einsteigerinnen berufliches Tun und wie übernehmen sie die fachliche Verantwortung) und eigenständiger Fachtheorie (die drei Fundamente Sprache, Technik und Medien) kann zu diesem professionellen Rollenverständnis in Abgrenzung zur Interdisziplinarität der Technischen Redaktion führen. Zusammenfassend aus den drei Thesen appelliere ich:

  • Arbeitgeber tun gut daran, Mitarbeitenden Zeit für berufliche und personale Entwicklung zu geben. In diesem Artikel wurde aufgezeigt, dass akademische Bildung nicht in Monaten, sondern Jahren zu bemessen ist.
  • Bildungsinstitutionen unterscheiden in ihren didaktischen Taxonomien in den Zielen zwischen Professionalisierung und Akademisierung. Letztere wirkt auf eine Erweiterung des Domänenwissens.
  • Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sehen neben einer individuellen Professionalisierung eine Perspektive in der betrieblichen und fachwissenschaftlichen Verantwortung.

Diese drei Appelle können dazu beitragen, das Berufsbild der Technischen Redaktion über den Zeitraum der Berufsausbildung bis hin zur Wissenschaft zu profilieren. Für diesen Blick in die Aus- und Weiterbildung soll nun der Blick über die Akademisierung hinaus auf die Industrie gerichtet werden.

Ein Wechsel des Musters

Die Menschzentrierung rückt immer stärker in den Mittelpunkt der Technischen Redaktion und wandelt damit das bisherige Verständnis von Gesetzeskonformität. „Das beste Interface ist kein Interface“ ist nicht nur eine Devise, sondern wird zum Leitbild. Die Rolle der Sprache erfährt durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz eine Neubewertung. Dieses Verständnis von Sprache und Technologie integrieren wir bereits auf Bachelor-Ebene, um Einsteigern und Quereinsteigern ein fundiertes Verständnis zu vermitteln.

Die Technische Redaktion entwickelt sich kontinuierlich weiter und passt sich neuen Anforderungen und Technologien wie Virtualisierung und KI an. Prozessorientierung – das Erheben, Erstellen und Dokumentieren – steht im Zentrum dieser Entwicklung. Die akademische Ausbildung reflektiert diese Veränderungen durch eine verstärkte Betonung von Didaktik und Methodik.

In einer Branche, in der sich die Werkzeuge und Technologien schnell ändern, stehen Konzepte im Mittelpunkt. Dies fördert die Entwicklung von Meta- und Methodenwissen. Der englische Designbegriff und das Informationsdesign sind integrale Bestandteile der Technischen Redaktion. Unter Design versteht man die Planung und das Management von Informationen. Dies ist eine sehr wichtige Begriffsdefinition, denn aus unternehmerischer Sicht fungieren die Produkte der Technischen Redaktion als Markenbotschafter und eröffnen neue Möglichkeiten der Positionierung und Wertschöpfung.

Die Industrie muss den immensen Bedarf an Fachkräften in der Technischen Redaktion decken. Eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Berufsbildes ist daher unerlässlich. Die Akademisierung bietet eine solide Basis und passt sich den veränderten Anforderungen an. Außerdem ist sie damit ein Einzelaspekt der Disziplinwerdung, was uns zur dritten und letzten These führt.

Ein fortlaufender Prozess

Die Akademisierung der Technischen Redaktion ist nicht nur ein Zeichen der Zeit, sondern ein notwendiger Schritt zur Professionalisierung und Disziplinierung dieses Berufsfeldes. Ähnliche Entwicklungen haben wir bereits in anderen Bereichen wie dem Design erlebt, das sich von den Kunstgewerbeschulen der Jahrhundertwende über das Bauhaus und die HFG Ulm zu einem vielschichtigen und diversifizierten Berufsfeld entwickelt hat. Diese historischen Entwicklungen können als Blaupause für die Professionalisierung der Technischen Redaktion dienen (Abb. 06).

Schaubild der Entwicklung eines Berufsbilds zur Disziplin.
Abb. 06 Der Anfang einer beruflichen Disziplin. Quelle Andreas Lanig; [9, S. 136]

Die berufliche Praxis bleibt dabei immer die Basis für die Entwicklung der Disziplin. Die Aufwärtsspirale von der Berufsausbildung zur Akademisierung und schließlich zur Fachtheorie führt zur Definition einer eigenen Berufsidentität und damit zu einer eigenen Disziplin. In diesem Zusammenhang hat der Artikel deutlich gemacht, dass die Fundierung auf den drei Säulen Technik, Sprache und Medien unabdingbar ist. Die Zertifizierung und Qualifizierung von Quereinsteigern ist eine wichtige Brücke in diesem Entwicklungsprozess.

Technische Redaktion ist dabei „nur“ ein Berufsbild innerhalb der breiteren Landschaft der Technischen Kommunikation. Die berufspraktische Ausbildung in diesem Berufsbild dient als Einstieg in eine weitere Annäherung an das akademische Feld innerhalb der Fachwissenschaft der (technischen) Fachkommunikation. Die seit etwa 2010 zu beobachtende Diversifizierung der Studiengänge und die damit einhergehende Umbenennung von „Technische Redaktion“ in begriffliche Felder des Informationsmanagement oder Informationsdesign ist ein weiteres Indiz für die Professionalisierung des Berufsbildes.

Dabei ist zu beobachten und weiter zu diskutieren, in welchem Umfang und welche fachwissenschaftlichen Methoden zur Bewältigung zukünftiger Herausforderungen im Methodenset des Berufsbildes „Technische/-r Redakteur/-in“ enthalten sein müssen und sollen. Denn eine wesentliche Tendenz ist, dass die Didaktik und die Methodik der Fachkommunikation in den Kompetenzzielen der akademischen Ausbildung gegenüber dem Fachwissen an Bedeutung gewinnen. Mit den an dieser Stelle erläuterten Ideen der Personenzentrierung und der fachwissenschaftlichen Integration in die Fachwissenschaft Technische Kommunikation wurde gezeigt, dass dies ein wichtiger Schritt zur Professionalisierung ist.

Die vermeintlichen Widersprüche zwischen Berufspraxis, Berufsausbildung und akademischer Theoriebildung sind dabei nicht als Hindernisse, sondern als Teil eines wichtigen, kontinuierlichen Diskurses zu verstehen.

Links und Literatur zum Artikel

[1] DQR-Niveaus: www.dqr.de/dqr/de/der-dqr/dqr-niveaus/dqr-niveaus_node.html  [Letzter Besuch am 8. Oktober 2022].

[2] Anderson, L. W./Krathwohl, D. R. (Hrsg.). (2001): A Taxonomy for Learning, Teaching, and Assessing: A Revision of Bloom’s Taxonomy of Educational Objectives. New York: Longman.

[3] tekom Zertifizierungsprofile: www.tekom.de/technische-kommunikation-das-berufsfeld/tekom-zertifizierung/professional-level-und-expert-level-zertifizierung [Letzter Besuch am 8. Oktober 2022].

[4] HQR. Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse: www.hrk.de/fileadmin/redaktion/hrk/02-Dokumente/02-03-Studium/02-03-02-Qualifikationsrahmen/2017_Qualifikationsrahmen_HQR.pdf [Letzter Besuch am 8. Oktober 2022].

[5] tekom Kompetenzrahmen: www.tekom.de/technische-kommunikation-das-berufsfeld/kompetenzrahmen/professionelle-kompetenzen-fuer-die-technische-kommunikation [Letzter Besuch am 8. Oktober 2022].

[6] Henning, J./Tjarks-Sobhani, M. (2022): Innovation und Tradition im Studium. In: technische kommunikation, H. 2, S. 51–54.

[7] Cloos, P. (2006): Beruflicher Habitus. In: Cloos, P., Thole, W. (Hrsg.) Ethnografische Zugänge. VS Verlag für Sozialwissenschaften. S. 186ff.

[8] Graven, M./Lerman, S./Wenger, E. (1998): Communities of practice: Learning, meaning and identity. In: Journal of Mathematics Teacher Education 6. S. 185–194 (2003).

[9] Kaplan, Geoff (2023): After the Bauhaus, Before the Internet. A History of Graphic Design Pedagogy. Cambridge, MIT Press.

Eine junge Frau sitzt in einem Unterrichtsraum und dreht sich zum Betrachter um.