Mut zur Idee

Text: Christopher Rechtien

Auf dem tekom-Festival, 16. und 17. Mai in St. Leon Rot, verliehen Jury und Publikum erstmals den DokuSpark Award. Was macht diesen Preis besonders? Welches Signal geht von ihm aus? Und wer hielt am Ende die Auszeichnung in Händen?

Inhaltsübersicht

Lesedauer: 05:47 Minuten

Premiere geglückt: Beim ersten DokuSpark Award auf dem tekom-Festival 2025 wurden mutige, visionäre und nutzerzentrierte Konzepte ausgezeichnet. Die Jury ehrte nicht nur technologischen Fortschritt, sondern vor allem neue Denkweisen in der Technischen Kommunikation.

„Wir brauchen nicht noch eine Diskussion um den perfekten Warnhinweis. Wir brauchen mutige, nutzerzentrierte Ideen. Denn woran es in der Technischen Kommunikation nicht mangelt, sind etwa Diskussionen über den perfekten Warnhinweis. Woran es aber oft fehlt, sind Leuchttürme, die zeigen, wie nah am Nutzer wir arbeiten könnten.“ Mit diesen Sätzen startete die erste Preisverleihung des DokuSpark Awards im Rahmen des tekom-Festivals 2025. Dort stand für einen Moment nicht die normgerechte Anleitung im Fokus, sondern der kreative Funke, der entfacht wird, wenn Mensch und Technik zueinanderfinden.

Der DokuSpark Award versteht sich dabei bewusst nicht als klassischer Branchenpreis. Vielmehr will er eine Bühne bieten für Konzepte, die sich nicht mit dem Status quo zufriedengeben. Weiterhin möchte er zeigen, wie Technische Kommunikation auch sein kann: intuitiv, nutzerzentriert, überraschend und mutig.

Bewertet wurde nicht nach Norm, sondern nach Wirkung. Alle eingereichten Beiträge wurden nach sechs klar definierten Kriterien beurteilt:

  • Innovationsgrad und Kreativität – überzeugt das Konzept mit neuen Denkansätzen oder unkonventionellen Lösungen?
  • Nutzerzentrierung – steht der Mensch im Fokus? Unterstützt das Konzept durch intuitive Bedienbarkeit und klare Informationsstruktur?
  • Prototyp und Usability – funktioniert die Idee auch praktisch oder bleibt sie reine Theorie?
  • Design, Ästhetik und Stilistik – trägt die visuelle Gestaltung zur Verständlichkeit und Wiedererkennbarkeit bei?
  • Skalierbarkeit – ist das Konzept anpassungsfähig und zukunftssicher?
  • Nachhaltigkeit – wird langfristig gedacht, das heißt ökonomisch, ökologisch und sozial?

Der Fokus lag damit nicht auf der formalen Korrektheit oder Vollständigkeit, sondern auf dem Potenzial, Nutzerinnen und Nutzer besser zu erreichen sowie neue Impulse für die Branche zu setzen. Frische Ideen, die vielleicht nicht viel weiter sind als ein Prototyp oder ein Minimum Viable Product (MVP), sollen auf dieser Grundlage ebenfalls eingereicht werden können. Gerade Teams aus Studierenden sollen auf diese Weise die Möglichkeit bekommen, sich am Award zu beteiligen.

Neues mit Festivalcharakter

Bewerben konnten sich Unternehmen und Studierendengruppen mit einem DIN-A0-Poster, Video-Pitch zur Idee, QR-Codes zu Videos und optional digitalen Prototypen. Die Bewertung erfolgte durch eine Fachjury und das Publikum. Zehn Beiträge schafften es auf die Shortlist, wurden vor Ort und online in einer Ausstellung gezeigt. Die besten Konzepte wurden anschließend feierlich ausgezeichnet inklusive einer virtuellen Medaille, die die Preisträger zeigen dürfen, zum Beispiel auf der Homepage.

„Dass wir in so kurzer Zeit zehn so unterschiedliche und spannende Konzepte bekommen, hat uns selbst überrascht“, berichtet Pia Halim, die den Award mit einem ehrenamtlichen Team in Rekordzeit auf die Beine gestellt hat. Die Resonanz zeigte: Der Bedarf an Sichtbarkeit für kreative Lösungen ist groß.

Vier Konzepte und vier Perspektiven

3. Platz: Diana Lakatos und Cleverbridge GmbH

Den dritten Platz belegt ein Konzept, das mit klarem Design, Barrierefreiheit und Nachhaltigkeit überzeugte. Die Jury lobte besonders die strukturierte Umsetzung, die gelungene Kombination aus Nutzerzentrierung und Skalierbarkeit sowie den bewussten Einsatz nachhaltiger Technologien. Dazu zählen grünes Hosting, außerdem ressourcenschonende Gestaltung.

Das Konzept ist ein Beispiel dafür, wie Technische Kommunikation zugänglich, verantwortungsvoll und zukunftsfähig sein kann, ohne Abstriche bei der Funktionalität zu machen.

2. Platz und Publikumspreis: Tina Schmattloch und ABICOR GROUP Management GmbH

Doppelt ausgezeichnet und doppelt verdient: Das Team der ABICOR GROUP um Tina Schmattloch konnte nicht nur die Jury überzeugen, sondern auch das Publikum. Ihr Beitrag kombiniert reale Inhalte mit visionären Elementen und bietet eine kreative Neudeutung Technischer Kommunikation als Erlebnisraum.

Die Jury zeigte sich beeindruckt von der intuitiven Nutzerführung, dem durchdachten Design und der ökologisch nachhaltigen Umsetzung. Ein „rundes, starkes Gesamtbild“, das deutlich macht, dass sich Erlebnis, Orientierung und Verantwortung klug verbinden lassen.

Was war der Auslöser für die Einreichung? Schmattloch erinnert sich: „Den entscheidenden Anstoß gab ein Aufruf beim tekom-Regionaltreffen in Frankfurt. Als dort über die EU-Maschinenverordnung und digitale Betriebsanleitungen gesprochen wurde, wurde mir klar: Wir sind mit unserem Konzept weiter, als viele denken.“

Die Umsetzung innerhalb von viereinhalb Wochen stellte das Team vor einige Herausforderungen: „Besonders der Videodreh brachte uns aus der Komfortzone, war aber auch ein kreativer Schub. Jedes Teammitglied hat mit seinem individuellen Beitrag das Projekt getragen. Das hat uns zusammengeschweißt.“

Die Auszeichnung mit Jury- und Publikumspreis ist für Schmattloch mehr als ein schöner Moment: „In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ist sie ein ermutigendes Signal dafür, dass Mut, Leidenschaft und Engagement in der Technischen Kommunikation wahrgenommen werden. Es bestärkt uns darin, weiter neue Impulse zu setzen.“

1. Platz: Konstantin Poljakow und Siemens AG – Digital Industries

Konstantin Poljakow und sein Team von Siemens – Digital Industries überzeugten die Jury mit einem Konzept, das künstliche Intelligenz dezentral und rollenbasiert in redaktionelle Prozesse integriert. Die Jury nannte es „mutig, visionär und praxisnah“. Dieser Ansatz ist nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch zukunftsweisend.

Für Poljakow kam der Anstoß aus einer Kombination aus Neugier und Unternehmenskultur: „Unsere Redaktion nimmt regelmäßig an Wettbewerben teil – vom Marathon bis zum Doku-Award. Nachdem die STC in den USA nicht mehr existiert, engagieren wir uns mehr in der tekom.“ Mit STC ist die Society for Technical Communication gemeint, die sich zwischenzeitlich aufgelöst hat.

Die größte Herausforderung lag in der Umsetzung des Posters sowie in der Übersetzung komplexer Prozesse in ein Format, das auf den ersten Blick überzeugt: „Das DIN-A0-Format war für uns völlig ungewohnt. Unsere Standardformate sind DIN A4 oder HMTL5. Hier mussten wir uns kreativ neu orientieren.“

Die Auszeichnung empfindet er als klare Anerkennung: „Es ist schon toll, etwas zu gewinnen. Für uns ist es eine Genugtuung für die geleistete Arbeit – und ein Impuls, weiterzudenken.“

Preisträger DokuSpark Award.
Abb. 01 Das Team von "Siemens -Digital Industries" holte den ersten Platz. Foto Siemens

1. Platz (punktgleich mit der Einreichung von Siemens): Dietrich Juhl – FlipFlow

Dass man ein altbekanntes Medium wie das Buch vollständig neu denken kann, zeigte das Konzept „FlipFlow“ von Dietrich Juhl. Sein modular aufgebautes „Online-Buch“ überzeugte mit klarer Struktur, spielerischer Navigation und hoher Nutzerorientierung. Die Jury lobte vor allem die zielgruppengerechte Umsetzung und das durchgängige Design. Für Juhl, der seit Jahren als Fachbuchautor tätig ist, war der DokuSpark eine willkommene Gelegenheit, eigene Überlegungen in ein experimentelles Format zu gießen: „Mich treibt die Frage um: Wer liest heute noch Bücher – und wie lernen junge Menschen wirklich? Ich wollte eine Form entwickeln, die sich intuitiv und fragmentarisch erschließen lässt – als Erlebnis, nicht nur als Text.“

Die größte Herausforderung? Nicht das Konzept war es, sondern die Umsetzung, und dazu gehörte auch der Schritt vor die Kamera: „Ich habe oft vor Publikum gesprochen, aber Video war Neuland. Zwei Wochen habe ich geübt, probiert, verworfen – bis ich eine Form gefunden habe, in der ich authentisch wirken konnte.“

Die Auszeichnung bedeutet Juhl viel: „Dass ‚FlipFlow‘ die Jury begeistert hat, ist eine wunderbare Bestätigung dafür, dass Kreativität kein Verfallsdatum kennt. Besonders berührt hat mich der Kommentar: ‚Es hat so viel Spaß gemacht, in deinem Buch zu stöbern, dass ich gar nicht gemerkt habe, wie die Zeit vergeht.‘ Mehr kann man sich nicht wünschen.“

Preisträger DokuSpark Award.
Abb. 02 Einen ersten Platz erreichte ebenfalls Dietrich Juhl. Foto Dietrich Juhl

Ein Preis, der bleibt

Der DokuSpark Award hat in seinem ersten Jahr ein klares Signal gesetzt: Es gibt kreative, durchdachte und menschenzentrierte Lösungen. Diese verdienen eine Bühne. Dabei geht es nicht um das „fertigste“ Produkt, sondern um Ideen, die bewegen, inspirieren und Perspektiven öffnen.

Dass gleich mehrere Konzepte prämiert wurden, zeigt die Bandbreite der Technischen Kommunikation. Außerdem, wie lebendig die Diskussion über ihre Zukunft ist. Ob als digitales Buch, KI-gestützter Redaktionsprozess oder nachhaltig gestaltetes Interface: Mut zur Idee lautet der gemeinsame Nenner. Das ist der Funke, den der DokuSpark jedes Jahr neu entfachen will.

Auch 2026 wird der DokuSpark Award verliehen, ebenfalls auf dem tekom-Festival: 7. und 8. Mai 2026. Wer eine mutige Idee hat, sollte sich den Termin gleich im Kalender markieren.

Titelbild von Ausgabe 05 2025 der technischen kommunikation.