„Herzlichen Glückwunsch zum Kauf Ihres neuen Gerätes. Damit haben Sie sich für ein modernes, hochwertiges Haushaltsgerät entschieden.“
Sprachliche Handlungen des Wertens finden bisher in der pragmatischen Linguistik wenig Beachtung. Sie werden auch in der Technischen Kommunikation kaum thematisiert. [1]
Stufen des Wertens
Wertungen ordnen einem Objekt oder Sachverhalt eine positive oder negative Bewertung zu, wobei immer Bewertungskriterien und ein bewusster oder impliziter Wertmaßstab zugrunde liegen. Es können drei Stufen der Wertung unterschieden werden. [2]
1. Einschätzung: Sie ist bei unsicherer Datenlage noch ungenau, vorläufig und subjektiv und sollte sprachlich auch vorsichtig formuliert werden.
„KI-Systeme bringen (nach meiner Ansicht) ein sehr gefährliches Missbrauchspotenzial mit sich.“
2. Bewertung: Sie setzt eine sorgfältige Erhebung und Analyse von Daten, das heißt statistisch signifikante Befunde voraus, mit ausdrücklichem Bezug auf einen Wertmaßstab.
„Das Modell x ist nach Testläufen um 30 % schneller als sein Vorgängermodell.“
3. Werturteil: Es bezieht sich auf eine geltende Norm und erhebt den Anspruch auf Richtigkeit. Ob etwa eine DIN-Norm eingehalten wird, lässt sich objektiv feststellen.
„Das Sicherheitszeichen „Schutzbrille aufsetzen“ erfüllt in seiner Gestaltung die DIN EN ISO 7010.“
Sprachliche Wertungen
Die Sprache bietet zahlreiche explizite oder verdeckte Formen sprachlichen Wertens an. An Ausschnitten aus einem Testbericht für einen Akku-Staubsauger lassen sie sich demonstrieren:
„Unsere Tester zeigten sich einstimmig begeistert von der „phänomenalen Saugkraft“, wie eine Teilnehmerin nach der Testphase schrieb. Bei einer Saugleistung von bis zu 30.000 pa (dies entspricht der 3-fachen Kraft des durchschnittlichen Bodenstaubsaugers) sind solche Reaktionen mehr als verständlich. Eine zusätzliche Fugendüse sowie eine Möbelbürste sind als Aufsätze im Set enthalten.“
Bewertungskriterium ist hier die Saugkraft, die auf einen Maßstab bezogen wird, der allerdings den wenigsten Konsumenten vertraut sein dürfte: 30.000 pa Saugkraft bedeutet, dass der Staubsauger einen Unterdruck von 30.000 Pascal erzeugt. Bewertungen finden häufig im Vergleich statt: Hier der Akku-Staubsauger gegen herkömmlich Bodenstaubsauger.
Vor allem die Adjektive spielen eine zentrale Rolle in der Bewertung (einstimmig, phänomenal, verständlich, 3-fach). Auch Nomina und Verben haben wertende Konnotationen (Kraft, Leistung, begeistern). Rhetorisch wird eine Testperson als Testimonial mit einem wertenden Zitat eingeführt. Die Fugendüse und die Möbelbürste stellen eine implizite Wertung dar. Sie wird sprachlich nicht ausgedrückt. Vielmehr wird unterstellt, dass derartiges Zubehör bei den Benutzern positiv bewertet wird.
Evaluative Adjektive lassen sich sogar noch steigern: „schlecht, schlechter, sehr schlecht“ oder als so genannter Elativ „furchtbar schlecht“. Es gibt zusätzlich rhetorische Mittel wie Emphase, Inversion oder Klimax, mit denen Inhalte wertend gewichtet werden.
Bewusst Werten
Wer sich bemüht, wertneutral zu schreiben, der wird schnell feststellen, dass Wertungen tief in der Sprache verankert sind. Trotzdem sollte man versuchen, verdeckte Bewertungen zu vermeiden. Verständliches Werten bedeutet vor allem explizites Werten, das den Bezug auf den Wertmaßstab deutlich macht. Zudem muss die Stufe der Wertung mit kommuniziert werden: Handelt es sich nur um eine Einschätzung oder ein fundiertes Werturteil?
literatur
[1] Blachut, Edyta (2015): Bewerten – Semantische und pragmatische Aspekte einer Sprachhandlung. Hamburg: Verlag Dr. Kovac.
[2] Klotz, Peter (2019): Werten. Zur Praxis mentaler, pragmatischer und sprachlicher Orientierung. Berlin: Erich Schmidt Verlag.