Terminologie trifft Normung

Text: Petra Drewer Klaus-Dirk Schmitz

Keine Normung ohne Terminologiearbeit, keine Terminologiearbeit ohne Normung: Die beiden Bereiche sind auf vielfältige Weise miteinander verbunden.

Inhaltsübersicht

Lesedauer: 07:43 Minuten

Terminologiearbeit dient der Sicherstellung von Klarheit, Eindeutigkeit und Effizienz in der Kommunikation – insbesondere in Fach- und Unternehmenskontexten. Die strukturierte Verwendung einheitlicher Benennungen trägt dazu bei, Missverständnisse zu vermeiden, Prozesse zu beschleunigen und die Qualität fachlicher Kommunikation zu steigern. Eine konsistente Unternehmenssprache reflektiert Fachlichkeit, Unternehmenskultur und Kommunikationsstil gleichermaßen. Eine konsistente Terminologie fördert Wiedererkennbarkeit, schafft Vertrauen und unterstreicht Professionalität.

Gleichzeitig stellen Terminologiedatenbanken (Termbanken) strukturiertes Fachwissen in einer klar definierten, oft mehrsprachigen Form zur Verfügung. Im Vergleich zu anderen Formen der Wissensrepräsentation bieten Begriffssysteme aus der Terminologiearbeit den entscheidenden Vorteil, dass nicht nur die inhaltliche, sondern auch die sprachliche Komponente präzise (und im Normalfall multilingual) erfasst werden.

Die Normung ist der nächste logische Schritt: Wenn Fachwissen systematisiert, Sprache vereinheitlicht und Kommunikation standardisiert wird, sind verbindliche Regelungen unerlässlich. Terminologie und Normung haben vielfältige Verbindungen:

  1. Normative Terminologiearbeit in Sachnormen – bevor technische Inhalte standardisiert werden können, müssen Begriffsklärungen und -festlegungen erfolgen. Sie sind Voraussetzung für das korrekte Verständnis und die präzise Anwendung der jeweiligen Norm.
  2. Termbanken aus der und für die Normung – die in Normen definierten Termini werden öffentlich zugänglich gemacht, etwa über die Plattform DIN-TERM, die eine wichtige Referenzquelle für Terminologie aus DIN-Normen und den entsprechenden europäischen und internationalen Paralleldokumenten darstellt.
  3. Terminologische Grundsatznormung – die terminologische Grundsatz­normung befasst sich mit den Grund­lagen und Methoden der Terminologiearbeit selbst. Innerhalb des Deutschen Instituts für Normung ist hierfür der Normenausschuss Terminologie (DIN-NAT) zu­ständig. Er entwickelt Normen, die etwa definieren, mit welchen Methoden Begriffe zu erarbeiten, zu strukturieren und zu dokumentieren sind.

Diese drei Aspekte sollen im Folgenden vertieft dargestellt werden.

1. Normative Terminologiearbeit

DIN 820-3 (2021) definiert Normung als „planmäßige, durch die interessierten Kreise gemeinschaftlich im Konsens durchgeführte Vereinheitlichung von materiellen und immateriellen Gegenständen zum Nutzen der Allgemeinheit“. Die Normung in Unternehmen, Fachverbänden sowie nationalen und internationalen Normungsorganisationen befasst sich demnach in erster Linie mit der so genannten Sachnormung, also der Festlegung von Eigenschaften von Gegenständen und Verfahren.

Voraussetzung für die Sachnormung ist aber die exakte Definition der den Gegenständen und Verfahren entsprechenden Begriffe und die eindeutige Festlegung der hierfür benutzten Benennungen, um eine eindeutige und widerspruchsfreie Kommunikation zwischen den Fachleuten sicherzustellen. Dieser als normative Terminologiearbeit oder auch Terminologienormung bezeichnete Vorgang ist definiert als die „präskriptive Terminologiearbeit durch autorisierte und dafür fachlich, sprachlich und methodisch qualifizierte Gremien nationaler und internationaler Normungsorganisationen“ (DIN 2342:2022). In deutschen wie auch in internationalen Normen findet diese Normungsarbeit in Kapitel 3 statt („Begriffe“ bzw. „Terms and Definitions“). Dort werden nicht nur die zentralen Begriffe geklärt, sondern auch auf entsprechende Datenbanken zum Nachschlagen verwiesen (Abb. 01).

Beispiel für Begriffe in einer Norm.
Abb. 01 Anfang von Kapitel 3 aus E Din EN 1568:2025-05.

2. Termbanken aus der Normung

Die Ergebnisse der terminologischen Normung in Sachnormen sind nicht nur in den jeweiligen (kostenpflichtigen) Normen enthalten. Sie sind auch online frei verfügbar und im Rahmen der Terminologierecherche als Quelle nutzbar: Das DIN-TERMinologieportal (http://www.din.de/de/service-fuer-anwender/din-term) enthält mehr als 1.000.000 Einträge mit terminologischen Festlegungen und Definitionen aus dem deutschen Normenwerk einschließlich der europäischen und internationalen Paralleldokumente.

So findet sich auch der in Abbildung 02 gezeigte Begriffseintrag zu „25-%-/50-%- Wasserabscheidung“ im DIN-TERMinologie- portal – nicht nur in Deutsch, sondern auch in Englisch.

Auch ISO, die International Organization for Standardization, bietet einen kostenfreien Zugang zu den terminologischen Einträgen aus internationalen Normen über die Online Browsing Platform (OBP) unter https://www.iso.org/obp an.

Beispiel für einen zweisprachigen Begriffseintrag.
Abb. 02 Zweisprachiger Eintrag im DIN-TERMinologieportal.

3. Terminologische Grundsatznormung

Im Rahmen der terminologischen Grundsatznormung werden Grundsätze, Methoden und Richtlinien für die Terminologiearbeit festgelegt (vgl. DIN 2342 2022). Damit dienen die entsprechenden nationalen und internationalen Grundsatznormen als methodische Anleitungen zur Erarbeitung von Terminologien, nicht nur im Rahmen der Normung selbst. Zu den terminologischen Grundsatznormen rechnet man auch Begriffsnormen wie die DIN 2342 oder die ISO 1087, in der die Terminologie der Terminologie, das heißt für die Terminologiearbeit wichtige Begriffe definiert werden.

Im Folgenden soll die Nutzung von terminologischen Grundsatznormen für die Terminologiearbeit und das Terminologiemanagement betrachtet werden. Auf Normen, die speziell für die Technische Dokumentation, wie etwa die DIN EN IEC/IEEE 82079-1 (2021), oder für das Übersetzen, wie etwa die DIN EN ISO 17100 (2016), erstellt wurden und die sich nicht hauptsächlich mit terminologischen Themen beschäftigen, kann und soll in diesem Artikel nicht eingegangen werden.

Normen im Bereich Terminologiearbeit

Die Kenntnis der theoretischen Grundlagen und Prinzipien der Terminologiewissenschaft ist für alle Personen(gruppen), die sich bei der Erstellung und Übersetzung von Fachtexten mit terminologischen Fragestellungen beschäftigen, von größter Bedeutung. DIN 2342 (2022) definiert alle Begriffe, die für die Terminologiewissenschaft und Terminologiearbeit wesentlich sind.

Als wesentliche Grundsatznormen für die Terminologiearbeit können DIN 2330 (2022) und – auf internationaler Ebene – ISO 704 (2022) bezeichnet werden. In diesen Normen werden u. a. alle Aspekte des Begriffs einschließlich der Begriffsbeziehungen, Arten von und Anforderungen an Definitionen sowie Formen und Bildungsmuster von Benennungen erläutert und spezifiziert. Neben den Definitionen, die für eine systematische Terminologiearbeit von zentraler Bedeutung sind, ist auch die Benennungsbildung ein wichtiges Gebiet. Fachleute im Bereich Technische Redaktion, Übersetzen und Terminologiearbeit müssen sehr oft neue Benennungen prägen oder unter verschiedenen vorhandenen Benennungen diejenige auswählen, die aus Sicht des Dokuments bzw. des Unternehmens am besten geeignet ist. Hierbei kommen Kriterien wie Gebräuchlichkeit, Transparenz/Motiviertheit, Angemessenheit, Knappheit, Korrektheit sowie Präferenz für die eigene Muttersprache zum Tragen.

Weitere Grundlagennormen etwa zum Aufbau und zur Darstellung von Begriffssystemen (DIN 2331:2019), zur Bildung von Kurzformen von Benennungen und Namen (DIN 2340:2020) sowie zur mehrsprachigen Terminologiearbeit (DIN 19460: 2025-Entwurf) regeln spezifische Teilbereiche der Terminologiearbeit.

Normen für Termbanken

Die Konzeption und Implementierung von Terminologieverwaltungssystemen bzw. Termbanken werden durch verschiedene Normen unterstützt. Bei der Auswahl der benötigten Datenkategorien hilft die Normenreihe ISO 12620. Die erste Fassung der mittlerweile zurückgezogenen ISO 12620:1999 listete über 200 unterschiedliche Datenkategorien für die Terminologieverwaltung auf, aus denen man sich die für die eigenen Bedürfnisse notwendigen Kategorien zusammenstellen konnte. Die aktuelle Fassung besteht aus zwei Teilen: ISO 12620-1:2022 (Data categories – Specifications) und ISO 12620-2:2022 (Data categories – Repositories). Die Datenkategorien selbst finden sich außerhalb der Norm in einem Verzeichnis, das über eine Website (www.datcatinfo.net) kostenlos zugänglich ist. Ein unabhängiges, ISO-erfahrenes Expertengremium verwaltet das Verzeichnis. Es dient nicht nur als „Ideen-Katalog“ für die Konzeption einer eigenen Terminologieverwaltung, sondern erleichtert bei konsequenter Anwendung auch den späteren Datenaustausch mit anderen Terminologiesystemen und -anwendungen.

Hilfestellung bei der generellen Konzeption einer Terminologielösung geben die ISO-Normen 16642:2017 und ISO 30042:2008. Beide Normen beschäftigen sich zwar primär mit Austausch- und Repräsentationsformaten für terminologische Daten, definieren dafür aber ein so genanntes Meta-Modell, das für die generelle Struktur terminologischer Einträge wichtig ist. Das Meta-Modell verdeutlicht die beiden wichtigsten Prinzipien für die Modellierung von Termbanken, nämlich die Begriffsorientierung und die Benennungsautonomie (siehe u. a. Drewer/Schmitz 2017 und Schmitz 2020), ohne die eine sinnvolle mehrsprachige Terminologieverwaltung nicht möglich ist.

Als letzte für die Terminologieverwaltung wichtige Norm soll die Normenreihe DIN ISO 26162 genannt werden. Die Teile der Reihe geben eine sehr gute Hilfestellung für die Einrichtung und den Betrieb von Termbanken:

  • Teil 1 der Normenreihe (DIN ISO 26162-1:2020) beschäftigt sich mit dem Design von Termbanken, das heißt mit den terminologischen Datenkate­gorien und mit der Modellierung des termino­logischen Eintrags, immer unter Berücksichtigung der aus den anderen Normen bekannten Prinzipien.
  • In Teil 2 (DIN ISO 26162-2:2020) wird auf die IT-Lösungen für die Terminologieverwaltung eingegangen und die einzelnen Schritte beim Betrieb eines Terminologieverwaltungssystems wie das Eingeben und Bearbeiten, das Suchen und Filtern sowie das Ausgeben und Ausdrucken der terminologischen Daten beschrieben.
  • Teil 3 (DIN ISO 26162-3:2023) konzentriert sich auf den Inhalt (Content) von Termbanken und definiert Anforderungen an qualitativ hochwertige Inhalte von Termbanken.
  • Teil 4 der Norm (ISO/CD 26162-4) steht kurz vor der internationalen Veröffentlichung. Er trägt den Untertitel „Quality“ und wird im Wesentlichen aus einem Fragenkatalog zur Beschreibung und Qualitäts­bewertung von Termbanken bestehen.

Normung und Terminologie in Interaktion

Sachnormung ohne (vorhergehende) normative Terminologiearbeit ist undenkbar. Aber auch die terminologische Arbeit mit den jeweiligen Begriffen der Fachgebiete, mit denen sich die Technische Redaktion, das Übersetzungsmanagement und die Terminologiearbeit beschäftigen, kann durch den Zugang zu begrifflichen Festlegungen in nationalen und internationalen Normen effizient und mit hoher Qualität unterstützt werden.

Gleichzeitig sind terminologische Grundsatznormen erforderlich, die sich auf alle Aspekte einer qualitativ hochwertigen Terminologiearbeit und die Konzeption und Nutzung der entsprechenden Arbeitsmittel beziehen. Der für diese terminologische Grundsatznormung zuständige nationale Normenausschuss DIN-NAT und der internationale Technische Ausschuss ISO/TC37 helfen mit ihren Normen allen an der Terminologiearbeit beteiligten Personengruppen.

Die vielfältigen Verbindungen zwischen Normung und Terminologie zeigen: Terminologiearbeit ist sowohl Voraussetzung für als auch Ergebnis von Normung. Sie schlägt die Brücke zwischen Fachlichkeit, Sprache und Standardisierung – und wird in Zeiten globalisierter Kommunikation, KI-gestützter Informationsverarbeitung und multilingualer Produktentwicklung immer wichtiger.

Literatur zum Artikel

Arntz, Reiner/Picht, Heribert/Schmitz, Klaus-Dirk (2021): Einführung in die Terminologiearbeit. 8. Auflage. Hildesheim: Georg Olms Verlag.

DIN 820-3 (2021): Normungsarbeit – Teil 3: Begriffe. Berlin: DIN Media.

DIN 2330 (2022): Terminologiearbeit – Grundsätze und Methoden. Berlin: DIN Media.

DIN 2331 (2019): Begriffssysteme und ihre Darstellung. Berlin: DIN Media.

DIN 2340 (2020): Kurzformen für Benennungen und Namen. Berlin: DIN Media.

DIN 2342 (2022): Terminologiewissenschaft und Terminologiearbeit – Begriffe. Berlin: DIN Media.

DIN ISO 26162-1 (2020): Management von Terminologie­ressourcen – Terminologiedatenbanken – Teil 1: Design. Berlin: DIN Media.

DIN ISO 26162-2 (2020): Management von Terminologieressourcen – Terminologiedatenbanken – Teil 2: Software. Berlin: DIN Media.

DIN ISO 26162-3 (2023): Management von Terminologie­ressourcen – Terminologiedatenbanken – Teil 3: Inhalt. Berlin: DIN Media.

Drewer, Petra/Schmitz, Klaus-Dirk (2017): Terminologiemanagement. Berlin/Heidelberg: Springer.

Drewer, Petra/Schmitz, Klaus-Dirk (2019): Normgerechte Terminologiearbeit? Terminologiearbeitsgerechte Normen? In: tcworld (Hrsg.)(2019): tekom-Jahrestagung, tcworld conference 2019 – Tagungsband. Stuttgart: tcworld, S. 448–451.

Drewer, Petra/Schmitz, Klaus-Dirk (2020): Wir normen das! Aktuelle Ergebnisse der terminologischen Grundsatznormung. In: Drewer, Petra/Mayer, Felix/Pulitano, Donatella (Hrsg.): Terminologie: Industrie, Information, Intelligenz. München//Karlsruhe/Bern: Deutscher Terminologie-Tag, S. 29–38.

E DIN 19460 (2025): Mehrsprachige Terminologiearbeit – Grundsätze und Methoden. Berlin: DIN Media.

ISO 704 (2022): Terminology work – Principles and methods. Genf: ISO.

ISO 1087 (2019): Terminology work and terminology science – Vocabulary. Genf: ISO.

ISO 12620 (1999): Computer applications in terminology – Data categories. Genf: ISO.

ISO 12620-1 (2022): Management of terminology resources – Data categories – Part 1: Specifications. Genf: ISO.

ISO 12620-2 (2022): Management of terminology resources – Data categories – Part 2: Repositories. Genf: ISO.

ISO 16642 (2017): Computer applications in terminology – Terminological markup framework. Genf: ISO.

ISO 26162-1 (2019): Management of terminology resources – Terminology databases – Part 1: Design. Genf: ISO.

ISO 26162-2 (2019): Management of terminology resources – Terminology databases – Part 2: Software. Genf: ISO.

ISO 26162-3 (2023): Management of terminology resources – Terminology databases – Part 3: Content. Genf: ISO.

ISO CD 26162-4 (2025): Management of terminology resources – Terminology databases – Part 4: Quality. Genf: ISO.

ISO 30042 (2019): Management of terminology resources – TermBase eXchange (TBX). Genf: ISO.

ISO/TS 24634 (2024): Management of terminology resources — TermBase eXchange (TBX)-compliant representation of concept relations and subject fields. Genf: ISO.

Schmitz, Klaus-Dirk (2020): Konzeption und Einrichtung von Terminologiedatenbanken – 12 Schritte zum Erfolg. In: edition, Nr. 1/2020, S. 11–17.

Schmitz, Klaus-Dirk (2022) (Hrsg.): Normen für Terminologiearbeit, Technische Redaktion und Übersetzen. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Berlin: Beuth-Verlag.

Schmitz, Klaus-Dirk (2025): Qualität von Termbanken beurteilen. In: technische kommunikation, H. 3, S. 36–41.

Zwei Fäuste berühren sich.