Trotz sommerlicher Temperaturen an diesem Aprilabend fand das online durchgeführte Termcafé großen Zuspruch. Wenngleich alle Teilnehmenden ihren Feierabend sicher auch gerne in einem echten Café verbracht hätten, zeigten sie großes Interesse am Austausch über Terminologie und KI. Neben Fachleuten für Terminologie waren Toolhersteller dabei, die vor allem zur Diskussion um technische Themen beitragen konnten.
Generative künstliche Intelligenz (KI) hat sich als Bestandteil technologischer Entwicklungen etabliert und ist aus vielen Bereichen nicht wegzudenken. In den Werkzeugen für Technische Redaktion und Terminologie finden sich zunehmend KI-Funktionen, die Arbeitsprozesse unterstützen und verändern. Sowohl die tekom-Jahrestagung 2024 als auch das DTT-Symposion 2025 widmeten sich intensiv dem Thema KI.
Wie immer lag der Fokus beim Termcafé auf den Praxiserfahrungen der Teilnehmenden. Wir unterhielten uns über folgende Grundsatzfragen:
- Inwiefern kann eine KI bei der Terminologiearbeit nützlich sein?
- Inwiefern kann Terminologiearbeit für die KI nützlich sein?
KI für Terminologie
Den Teilnehmenden waren bereits viele Anwendungsfälle bekannt, wie KI bei ein- und mehrsprachiger Terminologiearbeit im Unternehmen unterstützen kann. Wir identifizierten einige Arbeitsbereiche, zusammengestellt in Tabelle 01.
KI Anwendungsfälle in der Terminologiearbeit | |
| Tätigkeit | Beispielhafter Prompt |
Terminologie aus Texten, Bildern, Videos extrahieren Bei der Terminologieextraktion mit KI gilt es, die Suchergebnisse einzugrenzen, zum Beispiel so: Die Anzahl zu extrahierender Benennungen vorgeben, wie im nebenstehendem Prompt (unsystematisches Vorgehen) | „Analysiere die bereitgestellte Produktdokumentation und extrahiere 20 fachsprachliche Benennungen, die zu unserem technischen Kontext passen. Berücksichtige dabei die bestehende Unternehmensterminologie und extrahiere ausschließlich Benennungen, die noch nicht darin enthalten sind. Stelle die identifizierte Terminologie im Singular in einer Tabelle dar und dokumentiere die Häufigkeit jeder Benennung in der zweiten Spalte.“ |
| Inkonsistente, falsch verwendete Terminologie aufzeigen | „Analysiere die bereitgestellte Produktdokumentation und überprüfe, ob die verwendete Terminologie den Festlegungen in der Terminologiedatenbank entspricht. Falls in der Produktdokumentation verbotene Benennungen enthalten sind, liste sie in einer Tabelle auf und ergänze sie in einer zweiten Spalte um die entsprechenden erlaubten Benennungen.“ |
| Aus vielen Synonymen eine Vorzugsbenennung wählen | „Welches Synonym ist für unseren Kontext am besten geeignet? Analysiere die Bedeutungen und Verwendungsmöglichkeiten der folgenden Begriffe: [User, Anwender, Benutzer, Nutzer]. Berücksichtige Zielgruppe, Fachsprache, unsere Wettbewerber sowie stilistische Aspekte und begründe deine Empfehlung.“ |
| Nicht erwünschte Synonyme finden und die Termdatenbank damit erweitern | „Analysiere die folgende Benennung und den dazugehörigen Beispielsatz. Identifiziere mögliche Synonyme, die exakt zu diesem spezifischen Kontext passen, und liste sie in einer Tabelle auf. Berücksichtige dabei fachsprachliche Präferenzen sowie stilistische und semantische Aspekte.“ |
| Begriffsdefinitionen erstellen | „Erstelle für die Benennung XY eine zu unserem Kontext passende Begriffsdefinition gemäß dem mitgelieferten Definitionsschema. In folgenden Beispielsätzen kannst du erkennen, wie die Benennung XY bei uns verwendet wird.“ |
| Terminologie mehrsprachig erstellen | „Übersetze die Benennung ‚[Benennung einsetzen]‘ ins Spanische unter Berücksichtigung der zugehörigen Definition ‚[Definition einsetzen]‘ und dieser Beispielsätze aus unserer Produktdokumentation: ‚[Sätze einsetzen]’“ |
| Terminologie-Quizzes erstellen | „Erstelle ein unterhaltsames und informatives Terminologie-Quiz für den unternehmensweiten Newsletter. Das Quiz soll die Vorteile einer einheitlichen Unternehmensterminologie vermitteln und die Verwendung der festgelegten Terminologie fördern. Die erste Frage soll eine Multiple-Choice-Frage sein und sich auf die Benennung ‚[Benennung einsetzen]‘ beziehen. Gib vier mögliche Antworten, von denen nur eine korrekt ist, und begründe die richtige Antwort in einer kurzen Erklärung.“ |
Tab. 01 Hinweis: Zum besseren Verständnis werden die Anwendungsfälle mit beispielhaften Prompts versehen. Die Prompts sind KI-generiert, nicht erprobt und erfordern weitere spezifische Unternehmensanpassungen. | |
Terminologie für KI
Am anderen Tisch haben wir uns darüber unterhalten, welche Einsatzszenarien für KI in den Unternehmen der Teilnehmenden relevant sind und inwiefern die bisherigen Terminologiedaten die Ergebnisse verbessern können. Szenarien, die schon umgesetzt wurden oder sich in der Testphase befinden, stehen in den folgenden Abschnitten.
KI-Assistent: Mithilfe eines auf das Unternehmen spezialisierten ChatGPTs und Copilot von Microsoft sollen die Mitarbeitenden Unterstützung bei ihren Tätigkeiten in den Anwendungen von Microsoft 365 bekommen, zum Beispiel bei der Texterstellung in Word oder beim Schreiben von E-Mails in Outlook. Darüber hinaus sind unternehmensspezifische Suchanfragen möglich, die über die Funktion eines Intranets hinausgehen. Die Termbank ist angebunden, so dass tatsächlich gefunden wird, wonach die Mitarbeitenden suchen, und die Content-Erstellung CI-konform abläuft.
Wissensmanagement: Ähnlich wie beim Use-Case „KI-Assistent“ ging es anderen Teilnehmenden darum, ihr internes Wissensmanagement zu verbessern, um Support-Tickets effizienter zu beantworten. Die Herausforderung: Die Tickets enthalten oft Benennungen von Laien, die sich von der Unternehmensterminologie der Fachleute unterscheiden. Um bei den stark unterschiedlichen Benennungen zum gewünschten Suchergebnis zu kommen, nutzt man die „Synonymexpansion“. Das bedeutet, die verschiedenen Benennungen werden als Synonyme miteinander verknüpft. Trotz unterschiedlicher Benennungen in der Suchanfrage bekommen die Nutzenden ein relevantes Ergebnis. Hier zeigt sich recht schnell der Wert von Terminologiearbeit bei der Verwaltung verschiedener Benennungen zu einem Begriff. Mithilfe von Wissensgraphen funktioniert diese optimierte Suche nicht nur einsprachig, sondern auch mehrsprachig.
Dokument- und Textgenerierung: Einige Teilnehmende testen die Möglichkeiten, den Output mithilfe gut gepflegter Datenbanken, zum Beispiel mit dem Translation Memory, zu verbessern. Oder auch im Product-Information-Management-System (PIM) Produkttexte generieren zu lassen, die bestimmte Anforderungen erfüllen. So sollen Texte Zeichenbegrenzungen einhalten, suchmaschinenoptimiert und an Zielmärkte angepasst sein.
Die automatische Generierung von Texten oder ganzen Dokumenten ist ein attraktives Ziel – aber mit Herausforderungen verbunden. Um es zu erreichen, ist einiges an Arbeit in qualitativ hochwertigen Daten und Training notwendig. Die Termbank liefert mit entsprechender Datenqualität gute Trainingsdaten. Insgesamt darf aber eine Freigabe durch den Menschen nicht fehlen.
Schnell stand eine zentrale Frage im Raum: Wie müssen dann Terminologiedaten strukturiert sein? Wie sollen die Metadaten aussehen, damit die KI die gewünschten Ergebnisse erzielen kann?
Dafür ist zunächst ein gut definiertes Einsatzszenario nötig. Wenn die Termbank bisher für die Übersetzung genutzt wurde, passen die Inhalte und Metadaten nicht automatisch für das KI-Training zur Textgenerierung. Wenn klar ist, wie die Daten genutzt werden und wohin man letztlich gelangen möchte, ist ein Metadatenkonzept sinnvoll, das sich mit folgenden Fragestellungen befasst: Welche Metadaten sind bereits vorhanden? Welche Metadaten sind im Datenmodell möglich? Welche Abhängigkeiten haben die Metadaten untereinander? Darüber hinaus sind zusätzliche Metainformationen über Metadaten hilfreich, etwa die Definition eines Metadatums.
Was sich bei Teilnehmenden als produktiv erwiesen hat: Die Zuordnung von Benennungen zu Produktgruppen bzw. konkreten Produkten und immer mehr das Berücksichtigen regionaler Benennungsvarianten, zum Beispiel für Deutsch in Deutschland und Deutsch in Österreich.
KI ist im Aufbau
Die Diskussion zeigte, dass die Teilnehmenden bislang begrenzte Erfahrungen mit KI in der Terminologiearbeit gesammelt haben. Ein wesentlicher Grund liegt in den oft schwerfälligen internen Prozessen der Unternehmen. Es dauert lange, bis entsprechende KI-Lösungen flächendeckend verfügbar sind. Unternehmen müssen sicherstellen, dass die Nutzung von LLMs mit Datenschutzrichtlinien und regulatorischen Vorgaben übereinstimmt. Zudem müssen Schnittstellen zu bestehenden IT-Systemen entwickelt werden, damit die KI-Lösung verknüpft und Daten ausgetauscht werden können. Die Investition in eine eigene KI-Umgebung ist nicht zuletzt eine Kosten- und Ressourcenfrage.
Obwohl KI in vielen Unternehmen nicht implementiert ist, berichteten einige Teilnehmende, dass vorbereitende Maßnahmen bereits möglich sind. Erste Anwendungsfälle und Prompt-Versuche lassen sich mit öffentlich zugänglichen KI-Chatbots erproben. Vorausgesetzt, es werden dabei keine vertraulichen Unternehmensdaten verwendet. Darüber hinaus können sich Mitarbeitende über Prompt Engineering weiterbilden, etwa über LinkedIn Learning oder die OpenAI Academy.
Die Qualität der Daten ist entscheidend: Nur mit gut strukturierten Daten in der Termbank erreicht man hilfreiche Outputs – ansonsten hat man das altbekannte Problem „garbage in, garbage out“. Auch in der IT fehlen häufig Kompetenzen, um Sprachdaten gezielt für KI-Training nutzbar zu machen. Terminologen und Terminologinnen sollten sich daher nicht vorschnell entmutigen lassen und sich stattdessen wie im Termcafé mit Fachleuten austauschen.
Nehmen Sie teil |
Welche Herausforderungen haben Sie in Sachen Terminologie? Melden Sie sich gerne für das nächste Termcafé an und stellen Sie Ihre Fragen. Die Anmeldung für alle kommenden Termcafé-Termine 2025 finden Sie unter www.termcafe.de. Bei der Anmeldung können Sie die Themen und Fragen angeben, die Sie aktuell bewegen. Wir freuen uns auf regen Austausch. Das Termcafé ist eine kostenfreie Veranstaltungsreihe für Terminologie-Interessierte aller Richtungen, insbesondere aber auch für Technische Redakteure und Redakteurinnen. Sie wurde im September 2020 von Beate Früh (Büro b3), Markus Nickl (doctima GmbH) und David Bodensohn (itl AG) ins Leben gerufen. Neben Co-Organisatorin Lena Krauß (doctima GmbH) sind Dr. Annette Weilandt (eccenca GmbH) und Jennifer Czeschka (STYRZ – Technische Redaktion e.K.) weitere Gastgeberinnen. |

