Künstliche Intelligenz ist überall – auf Konferenzen, in sozialen Medien oder dort, wo Produkte gezeigt werden. In vielen Technischen Redaktionen bleibt KI jedoch ein ferner Begriff. Zwischen Machbarkeitsillusion und Datenschutzsorgen stellt sich Mitarbeitenden die Frage: Wie starten wir sinnvoll? Der Ruf nach einer KI-Strategie ist da, aber selten konkret. Dieser Beitrag zeigt, wie sich ein tragfähiger Orientierungsrahmen für die Technische Kommunikation entwickeln lässt – pragmatisch und redaktionsnah.
Was ist, was fehlt, was droht?
Viele Redaktionen haben erste Kontakte hinter sich: ChatGPT getestet, die KI etwas gefragt, versucht, einen Sicherheitshinweis zu generieren, mit verschiedenen Arten von Prompts experimentiert. Das erste Staunen ist oft groß – die Enttäuschung folgt beim zweiten Blick. Die generierten Inhalte sind stilistisch durchwachsen, manchmal inhaltlich falsch, oft nicht wirklich direkt hilfreich. Die Technische Redaktion befindet sich im Tal der Ernüchterung – würde man KI für sie auf dem Gartner Hype Cycle verorten, wären wir dort im Tal.
Hinzu kommt: Technische Kommunikation stellt besonders hohe Anforderungen – Richtigkeit, Vollständigkeit, Verständlichkeit, Zielgruppenorientierung. Diese Kriterien sind nicht optional, sondern elementar und Kern der meisten gesetzlichen und normativen Anforderungen. Genau hier liegt die Schwachstelle generativer KI – zumindest der Basisversionen der großen Anbieter. Gleichzeitig ist der Druck hoch, den Anschluss nicht zu verlieren. In Unternehmen werden eiligst KI- oder Daten-Strategien entwickelt, Task Forces ins Leben gerufen.
Und mittendrin die Technische Redaktion: einerseits mit klar erkennbarem Potenzial, andererseits bedroht durch falsche Erwartungen. Denn wenn das Management glaubt, mit KI „einfach aus vorhandenen Informationen automatisch rechtssichere Betriebsanleitungen erzeugen“ zu können, ist der nächste Trugschluss nicht weit. Die Informationsqualität wird durch KI nicht besser – sie wird lediglich sichtbarer. Wer also mit halbgaren Inhalten arbeitet, produziert auch mit KI nur professionell aufbereitete Missverständnisse. Zudem wirken Metadaten und Wissensgraphen als Basis der Dokumentation. Hat man die nicht, wird es für die beste KI schwer: 500 Anleitungen zu verschiedenen Pumpentypen wurden hochgeladen, aber welches ist die richtige Antwort für die Pumpe vom Typ 4711? Würden Sie der Antwort der KI trauen? Die Zielgruppe bestimmt nicht. Das Thema ist wieder mal komplex. Das Management möchte die Erklärungen und die Aber allerdings nicht hören, sondern proaktives Handeln: ein Schritt nach vorne, eine Strategie.
Was eine Strategie leisten muss
Eine KI-Strategie ersetzt kein Lastenheft und ist keine Tool-Entscheidung. Sie schafft Orientierung, formuliert Ziele, benennt Einsatzfelder, adressiert Risiken und beschreibt Rahmenbedingungen. Kurz: Sie schafft die Voraussetzung für bewusste Entscheidungen. Eine tragfähige KI-Strategie enthält darüber hinaus eine möglichst konkrete Roadmap mit ersten Quick Wins und strategisch gesetzten Meilensteinen. Diese Roadmap hilft dabei, realistische und priorisierte Maßnahmen zu definieren, die mit vorhandenen Ressourcen in kurzer Zeit umgesetzt werden können – ohne den langfristigen Zielhorizont aus dem Blick zu verlieren.
Die KI-Strategie kann sich von Digitalstrategie oder Contentstrategie abgrenzen, ist aber in jedem Fall mit ihnen verzahnt. Und das gehört sie auch, denn eine Informationsstrategie im Unternehmen – gleich welcher Dimension – braucht die Technische Kommunikation. Sie liefert das Know-how, um Inhalte strukturiert, zielgerichtet und nutzerzentriert verfügbar zu machen. Den Platz am Tisch bekommt die Technische Redaktion aber nicht geschenkt. In den wenigsten Unternehmen wird sie aktiv eingeladen, an strategischen Diskussionen teilzunehmen. Diesen Platz muss sie sich verdienen – durch Relevanz, durch Initiative und durch die Bereitschaft, sich in übergeordnete Kontexte einzubringen. Eine KI-Strategie kann dabei das geeignete Vehikel sein, um diesen Dialog zu eröffnen – und langfristig zu sichern. Besonders wichtig: Eine KI-Strategie ersetzt keine Change-Strategie, sondern braucht eine.
Gleichzeitig muss sie auch politischen und kulturellen Realitäten im Unternehmen Rechnung tragen. Wo die Technische Redaktion wenig Sichtbarkeit hat, ist Fingerspitzengefühl nötig – und datenbasierte Argumente. Hier lohnt ein Blick auf einen bislang wenig genutzten Datenschatz: etwa Nutzungsdaten aus Content-Delivery-Portalen, Helpdesks oder intelligenten Suchsystemen. Wenn solche Quellen überhaupt vorhanden sind. Sie zeigen, wonach Nutzer und Nutzerinnen wirklich suchen, welche Inhalte funktionieren – und wo die Lücken sind. Genau diese Erkenntnisse sind ein strategischer Schatz, der oft unbeachtet liegen bleibt.
Bausteine einer fundierten Strategie
Am Anfang steht die Frage: Wo hakt es heute? Häufige Schmerzpunkte in der redaktionellen Praxis sind etwa aufwendige Abstimmungen zur Klärung technischer Details, inkonsistente Terminologie durch fehlende Standards, historisch gewachsene Redundanzen in der Modulstruktur sowie der zeitintensive Einstieg in die Textarbeit mangels brauchbarer Entwürfe. Auch eine fehlende Zielgruppenfokussierung bleibt ein wiederkehrendes Problem – mit unmittelbaren Auswirkungen auf Verständlichkeit und Qualität.
Ohne Problem kein Projekt; wer KI einführt, „weil man das jetzt halt macht“, produziert unnötige Komplexität.
Wofür ist KI geeignet?
Sinnvolle Einsatzfelder ergeben sich bei der Unterstützung beim Schreiben, etwa durch die Erstellung erster Entwürfe oder die stilistische Überarbeitung von Texten. Darüber hinaus eignet sich KI für die Umwandlung von Texten, etwa beim Überführen von Listen in Tabellen oder XML oder auch beim Kürzen technischer Beschreibungen. Sie unterstützt bei der Recherche zu Normen oder bei der Entwicklung zielgruppengerechter Fragen. Besonders vielversprechend ist der Einsatz als Endnutzer-Assistenz, etwa durch interaktive Chatbots, intelligente FAQ-Systeme oder durch RAG-basierte Lösungen, die produktbezogene Inhalte kontextualisiert bereitstellen.
Weniger geeignet ist generative KI aktuell für rechtlich verbindliche Aussagen, präzise, faktenbasierte Informationen ohne redaktionelle Prüfung sowie Aufgaben mit hoher regulatorischer Relevanz. Wer nach Norminhalten fragt, wird derzeit keine zuverlässigen Antworten bekommen.
Risiken und Regulierungsbedarf
Zentrale Herausforderung bleibt der Datenschutz. KI-Systeme dürfen keine personenbezogenen oder sensiblen Daten unkontrolliert verarbeiten. Zu den möglichen Maßnahmen zählen Nutzungsrichtlinien wie ein Ampelsystem, die Schulung der Mitarbeitenden, die Auswahl DSGVO-konformer Anbieter sowie der Einsatz technischer Schutzmechanismen wie Filterlösungen oder lokal gehosteter KI-Systeme. Vorher sollte man sich allerdings immer fragen: Sind die Daten wirklich so sensibel oder verarbeite ich lediglich Texte, die wir später eh auf unserer Homepage anbieten? Hinzu kommt das Problem der Halluzination: KI erfindet Informationen, ohne dies kenntlich zu machen. Das gefährdet die Qualität und Glaubwürdigkeit der Technischen Redaktion. Es braucht technische Korrektive, klare Prüfprozesse und Verantwortlichkeiten.
Wie können Sie mit Ihrem Team eine tragfähige KI-Strategie entwickeln? Sehen wir uns fünf Schritte an.
Schritt 1: Orientierung schaffen
Starten Sie mit einem Überblick: Was ist generative KI? Was kann sie? Was nicht? Nutzen Sie Beispiele aus der eigenen Domäne – kein Buzzword-Bingo. Dabei ist es wichtig zu betonen: KI gibt es nicht erst seit ChatGPT. Die Wurzeln reichen Jahrzehnte zurück – regelbasierte Systeme, symbolische KI oder Entscheidungsbäume gehören genauso zur Geschichte wie heute die neuronalen Netze. Was wir aktuell unter dem Begriff „KI“ meist verstehen – also große Sprachmodelle wie GPT, Claude oder Mistral – basiert auf Deep Learning und enormen Datenmengen. Diese technologische Verschiebung ist für viele Redaktionen eine Herausforderung: Ohne ein gewisses Grundlagenverständnis für Begriffe wie LLM, Prompting, Embedding oder RAG ist eine fundierte Auseinandersetzung kaum möglich. Die Strategiearbeit muss also zuerst ein gemeinsames Begriffs- und Technikverständnis etablieren.
(GPT = Generativ Pre-trained Transformer; RAG 0 Retrieval-Augmented Generation)
Schritt 2: Strategie entwickeln
Ziel: Beteiligung sichern, Potenziale identifizieren, Bedenken offenlegen. Die Auswahl geeigneter Methoden spielt dabei eine zentrale Rolle – und verlangt Erfahrung. Denn der Markt bietet hunderte Frameworks, Analyse- und Moderationstechniken. Es gibt zwar auch speziell für die Technische Dokumentation entwickelte Modelle wie das Smart Information Maturity Model (SIMM). Doch die Wirksamkeit dieser Modelle hängt stark vom jeweiligen Kontext ab. Je nach Stakeholder-Struktur, Zielsetzung, Teamgröße oder Unternehmenskultur müssen Methoden sehr gezielt und behutsam ausgewählt werden. Eine methodische Überfrachtung führt schnell zu Frust, während zu einfache Ansätze wichtige Aspekte ausblenden. Deshalb empfiehlt sich eine fundierte methodische Vorbereitung mit der Bereitschaft, bei Bedarf auch während des Workshops flexibel umzuschwenken. Eine professionelle Moderation ist essenziell. Eine Value Proposition Canvas [1] oder eine Customer Journey sind hervorragende Methoden. Aber sie passen eben nicht immer und überall.
Besonders wirkungsvoll sind offene, kreative Ansätze, die Raum für Exploration und neue Perspektiven schaffen. Hier haben sich Frameworks wie das Design Thinking oder andere Ansätze nach dem so genannten Double Diamond bewährt. Das Double-Diamond-Prinzip beschreibt einen iterativen Prozess mit zwei Phasen: Zunächst wird das Problemfeld weit geöffnet, divergierend analysiert (Discover & Define), bevor in der zweiten Phase gezielt Lösungen entwickelt und konkretisiert werden (Develop & Deliver). Dieses strukturierte Wechselspiel zwischen Divergenz und Konvergenz hilft, blinde Flecken zu vermeiden und echte Innovationspotenziale sichtbar zu machen – auch in konservativ geprägten Redaktionen.
Schritt 3: Strategie formulieren
Eine Strategie enthält etwa ein Leitbild mit Zieldefinitionen, Handlungsfelder und Prioritäten, Auswahlkriterien für Tools und Pilotprojekte, Qualitäts- und Datenschutzanforderungen sowie Zuständigkeiten und Zeitpläne. Dabei sollte die Strategie nicht in eine ferne Vision abgleiten, sondern vor allem eine praktikable Roadmap skizzieren. Diese benennt überschaubare Use Cases, konkrete Minimum Viable Products (MVPs) und klar abgegrenzte Arbeitspakete – beispielsweise Systemevaluationen oder die Entwicklung spezifischer GPTs oder Agenten –, die sich realistisch in einem Zeitraum von drei bis sechs Monaten umsetzen lassen. Entscheidend ist, dass die Vision so formuliert ist, dass sie auch nach sechs Monaten noch tragfähig ist, während die Umsetzungsschritte klein genug sind, um nicht an Ressourcen oder Prioritäten zu scheitern. Skaliert wird später – entscheidend ist, dass man überhaupt startet.
Schritt 4: Mit der Umsetzung starten
Starten Sie mit kleinen Use Cases – mit vorbereiteten Prompts oder einem GPT für Sicherheitshinweise. Evaluieren Sie Aufwand, Ergebnisqualität, Akzeptanz im Team und Integration in den Workflow. Doch auch wenn der Start bewusst niedrigschwellig gehalten ist: Ohne begleitendes Change Management wird selbst das beste Pilotprojekt schnell zur Sackgasse. Denn jede Veränderung – und dazu zählt besonders der KI-Einsatz – fordert nicht nur Prozesse, sondern Menschen heraus. Die Einführung neuer Technologien muss daher nicht nur technisch, sondern auch kulturell und kommunikativ vorbereitet und begleitet werden.
Wie Richard Streich beschreibt, entscheiden drei gleichwertige Ebenen über den Erfolg eines Change-Vorhabens: Inhalte, Verfahren und Verhalten (Abb. 01). [2] Insbesondere das Verhalten – also die Haltung, Motivation und Reaktionen der Betroffenen – wird in vielen Projekten unterschätzt. Die Beteiligten durchlaufen unterschiedliche emotionale Phasen – von Schock über Verneinung bis zur Einsicht und Integration. Wer in dieser Dynamik nicht gezielt mit Kommunikations- und Partizipationsmaßnahmen arbeitet, riskiert Widerstände, die den Erfolg des Projekts gefährden.

Abb. 01 Phasen eines Change-Projekts nach Richard Streich. Quelle Christopher Rechtien
Schritt 5: Neue Prozesse etablieren
Gelingen erste Piloten, folgt der nächste Schritt: Skalierung. Das bedeutet Dokumentation und Schulung, Integration in bestehende Prozesse und Systeme, Aufbau einer Bibliothek erfolgreicher Prompts sowie die Entwicklung einer Roadmap mit realistischen Zwischenzielen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Umsetzung der Strategie ein Marathon ist und kein Sprint, bei dem ein Startschuss genügt. Dieser Marathon wird von Menschen getragen. Anders als beim Sprint gibt es beim Marathon nicht nur Start und Ziel. Am Wegesrand stehen viele Unterstützer sowie Verpflegungsstationen, die uns mentale und physische Energie liefern. Es braucht Ausdauer, Zwischenziele und kontinuierliche Motivation. Die Roadmap sollte deshalb nicht nur Meilensteine definieren, sondern auch solche Verpflegungsstationen: Zeitfenster zur Reflexion, Formate zur gemeinsamen Erfolgsmessung und sichtbare Anerkennung von Fortschritt. Wer durchhält, gewinnt. Ob man dabei als Erster durchs Ziel läuft oder als Vorletzter, ist zweitrangig. Entscheidend ist, dass man überhaupt startet. Die einzigen, die verlieren, sind die, die nicht loslaufen.
Impulse aus der Bubble
Positive Beispiele aus der Praxis zeigen, dass der Einstieg in KI-gestützte Technische Kommunikation bereits vorhanden ist. Terminologieextraktion, Textprüfung, Textoptimierung oder prototypische KI-Chatbots – viele Redaktionen experimentieren und berichten von ersten Effekten. Gleichzeitig entstehen in der KI-Szene fast täglich neue Konzepte, Werkzeuge und Frameworks, die auch für die Technische Kommunikation relevant werden.
Besonders spannend ist die Entwicklung rund um lokal gehostete KI-Systeme, die in sensiblen Umgebungen (zum Beispiel mit IP- oder personenbezogenen Daten) zum Einsatz kommen. Auch das Prinzip so genannter KI-Chains, bei denen mehrere KIs in einer kontrollierten Abfolge Aufgaben übernehmen, sich gegenseitig prüfen oder ergänzen, gewinnt an Relevanz. Erste KI-Agenten, die eigenständig Aufgaben durchführen und Rückfragen stellen, werden zunehmend stabiler und könnten mittelfristig neue Formen der Assistenz darstellen. Ebenso dynamisch ist die Entwicklung rund um benutzerdefinierte GPTs, die spezifische Rollen, Tonalitäten oder Wissensbasen verkörpern und im redaktionellen Alltag produktiv eingebunden werden können.
Parallel dazu arbeiten nahezu alle Anbieter von CCMS und Content-Delivery-Portalen daran, ihre Systeme mit generativer KI aufzuwerten. Meist passiert das auf Basis von RAG. Ziel ist es, aus bestehenden Inhalten kontextrelevante, dialogfähige Informationsangebote zu machen, ohne die redaktionelle Kontrolle zu verlieren.
All diese Entwicklungen zeigen: Die KI-Welt dreht sich schnell – und sie wird für die Technische Kommunikation nicht langsamer gemacht. Wer hier jetzt Erfahrungen sammelt, sich systematisch orientiert und die Technische Redaktion gezielt weiterentwickelt, schafft die besten Voraussetzungen, um langfristig Schritt zu halten – und voranzugehen. Ohne begleitende Qualifizierung führen neue Tools oft zu Frust statt Effizienz. Wer KI als Ersatz für Technische Redakteure und Redakteurinnen verkaufen will, scheitert nicht nur fachlich, sondern auch kulturell.
Zusammengefasst meine Handlungsempfehlungen:
- Beginnen Sie mit einem konkreten Problem, nicht mit einem Tool; der Technologieeinsatz muss sich aus einem klaren Bedarf ableiten – nicht aus Aktionismus.
- Entwickeln Sie eine robuste Vision – aber gestalten Sie die ersten Schritte so konkret, dass sie in drei bis sechs Monaten realisierbar sind. MVPs, Use Cases und Systemevaluationen müssen in diesem Zeitraum leistbar sein.
- Binden Sie Technische Redaktion, IT, Datenschutz und idealerweise auch Vertreter und Vertreterinnen der Zielgruppen ein. Nur so entsteht ein realistisches Bild des Veränderungspotenzials.
- Berücksichtigen Sie von Anfang an die Dimension des Change Managements: Motivation, Kommunikation und Beteiligung sind nicht Beiwerk, sondern zentrale Erfolgsfaktoren.
- Arbeiten Sie mit datenbasierten Erkenntnissen aus Nutzungsverhalten, Feedbacksystemen und digitalen Portalen – das sind strategische Werte, nicht nur „interessante Statistiken“.
- Dokumentieren Sie Ihre Erkenntnisse systematisch. Erfolgreiche Prompts, Best Practices und Lessons Learned sind keine Zufallsprodukte, sondern strukturell nutzbares Wissen.
- Denken Sie iterativ und pragmatisch; der Einstieg muss machbar sein. Skalieren kann man später immer noch – entscheidend ist, dass Sie überhaupt loslaufen.
Wohin führt der Weg?
Die Technische Kommunikation wird sich durch künstliche Intelligenz verändern – vielleicht nicht über Nacht, aber tiefgreifend. Wer jetzt startet, kann mitgestalten. Die Redaktion der Zukunft ist keine Abwicklungsstelle für PDF, sondern ein Kompetenzzentrum für qualitätsgesicherte Informationsvermittlung – mit, durch und trotz KI.
Denn die Zahl und Qualität potenzieller Anwendungsfälle ist beachtlich. Sie reichen von Rechtschreib- und Stilprüfung, strukturierender Unterstützung, automatischer Generierung von Textpassagen, zielgruppengerechter Vereinfachung über kreative Assistenz bei Gliederung, Ideenskizzen bis zur Umformulierung komplexer Inhalte. All das ist bereits heute möglich und lässt sich mit redaktionellem Know-how gezielt in die tägliche Arbeit integrieren. KI wird die Technische Redaktion nicht ersetzen, aber sie kann mit KI besser werden – effizienter, strukturierter, kreativer.
Und Ihre Nutzer und Nutzerinnen? Sie könnten zu den großen Gewinnern gehören. Lange Zeit waren sie oft die Leidtragenden redaktioneller Kompromisse zwischen Wiederverwendbarkeit, Übersetzbarkeit und vermeintlicher Rechtssicherheit. Nun eröffnen KI-gestützte Systeme neue Möglichkeiten für mehr Interaktivität, Verständlichkeit und Personalisierung: Intelligente Suchfunktionen, dynamische FAQs oder interaktive Fehlersuchen, die in Echtzeit auf individuelle Probleme reagieren, sind keine Vision mehr, sondern Realität.
Doch Vorsicht, denn diese Entwicklungen dürfen nicht zu dem Irrtum führen, dass sich aus beliebigen Altdaten und halbgaren Texten automatisch eine „rechtssichere“ Dokumentation generieren ließe. Informationsqualität bleibt die unverzichtbare Voraussetzung für eine funktionierende KI-Assistenz. Wer hier spart, spart am falschen Ende. Denn eine KI, die auf unvollständige oder unstrukturierte Inhalte zugreift, liefert am Ende mehr Missverständnisse, als sie löst. Und Sie können sich sicher sein: Generative KI wird in jedem Fall in der Lage sein, mehr Text zu produzieren, als Ihre Zielgruppe bereit ist zu lesen.
Die Frage ist also nicht, ob KI kommt, sondern wie wir sie gestalten. Ob wir sie nutzen, um unseren Zielgruppen einen echten Informationsmehrwert zu bieten – oder ob wir die Chance verspielen. Wer jetzt startet, gewinnt, wer stehen bleibt, verliert.
Die Chance ist da. Nutzen wir sie – strategisch.
Literatur zum Artikel
[1] Smith, Alan/Osterwalder, Alexander/Pigneur, Yves/Bernarda, Gregory (2015): Value Proposition Design. Campus Verlag.
[2] Streich, Richard K. (2013): Fit for Leadership. 1. Auflage. Wiesbaden: Springer Gabler.

